Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Von Baisertorte bis zur ZPR
Wie der Saale-Orla-Kreis im Online-Mitmachlexikon Wikipedia mit Einträgen vertreten ist – Zehn Stichproben
Schleiz. Wenn man noch vor einigen Jahren einen Begriff erklärt haben wollte, hat man im Lexikon gesucht. Viele Familien hatten so ein Nachschlagewerk bestehend aus mehreren Bänden zuhause. Doch inzwischen bleiben diese recht preisintensiven, im Wohnzimmer-Schrank nach Alphabet abgestellten Bücher meist unangerührt.
Denn die notwendige Information ist im Online-Mitmachlexikon namens Wikipedia zwar nicht unbedingt wissenschaftlich fundiert, aber schneller zu finden. Außerdem ist sie meist ausführlicher als in Buchform, mit Internetlinks versehen sowie gratis verfügbar.
So haben sich bereits diverse Leute die Mühe gemacht und alle Orte des Saale-Orla-Kreises eingetragen. Dazu findet man Angaben zur geografischen Lage, Geologie, Gemeindegliederung, Geschichte, Einwohnerzahlenentwicklung, zu Sehenswürdigkeiten und der Parteizugehörigkeit des Bürgermeisters.
Welche mitunter wichtigen Begriffe mit Bezug zu Orten im Saale-Orla bei Wikipedia zu finden sind und welche nicht: Wir machten zehn Stichproben. B aisertorte oder wenigstens Baiser (französisch für „Kuss“, sprich „Besee“) ist enthalten, aber ohne Bezug auf Schleiz. Dabei soll ein Rezept für das Schaumgebäck aus gezuckertem Eischnee aus dem 1777 von Johann Jacob Riedel gegründeten Café Ried‘l stammen, das vermutlich das zweitälteste Kaffeehaus Deutschlands ist. Doch auch dazu fehlt ein Eintrag. Für die Stadt Schleiz gehört die Baisertorte so sehr zur Identität, das sie das Rezept am liebsten mit anderen Zeitdokumenten in der Kapsel für die Nachwelt hinterlassen wollte, als diese im August 2016 mit dem vergoldeten Turmknopf auf die Bergkirche aufgesetzt wurde. Doch sowohl das Café Ried‘l als auch die Schleizer Landbäckerei wollten ihre Hausrezepte nicht rausrücken, wie Bürgermeister Juergen K. Klimpke damals sagte. C ranach-Altar: Wer Angaben zum Altar von Lucas Cranach dem Älteren, dem touristischen Alleinstellungsmerkmal der Stadt Neustadt an der Orla, finden will, muss erst nach dem bedeutendsten deutschen Maler und Grafiker der Renaissance suchen. Unter der Auswahl seiner Werke findet man auch den Flügelaltar „Neustädter Altar“aus dem Jahr 1512/13, neben dem es einen Link zur Stadtkirche St. Johannis mit ausreichend Angaben gibt. Zur Stadtkirche und anderen Sehenswürdigkeiten wie den mittelalterlichen Fleischbänken kommt man auch vom Wikipedia-Eintrag „Neustadt an der Orla“. M ödlareuth, das 50-Seelen-Dorf, das zur Hälfte in Thüringen und Bayern liegt, bis zum Mauerfall durch die innerdeutsche Grenze getrennt war und deshalb den Spitznamen Little Berlin trug, ist wie alle anderen Orte mit detaillierten Angaben zur Geschichte zu finden. Es gibt auch einen Link zum Freilichtmuseum Mödlareuth mit den erhaltenen Grenzanlagen sowie zum dreiteiligen Tannbach-Film des ZDF, dessen Geschichte hier spielt, aber anderswo gedreht wurde. O rla, den 35 Kilometer langen Fluss, der im Doppelnamen des Landkreises zu finden ist, gibt es als Eintrag. Dazu auch Angaben zur Verbesserung der Gewässergüte. P lothener Teiche sind als Eintrag zu finden. Der Leser erfährt, dass die ersten Teiche im Mittelalter von Mönchen angelegt und im Laufe der Zeit viele kleinere Teiche zu größeren zusammengelegt wurden. Es gibt auch Verlinkungen zu den Vogelsarten, die sich in dem Naturschutzgebiet aufhalten. R otasym, der zu DDR-Zeiten mit 1400 Beschäftigten größte Arbeitgeber in Pößneck, hat keinen eigenen Eintrag. Das inzwischen abgerissene Wälzlagerwerk, das über Jahrzehnte das Stadtbild prägte, ist nicht mehr als eine Randnotiz unter dem Eintrag SchaefflerGruppe. So ist zu erfahren, dass die zur Unternehmensgruppe gehörende FAG (Fischers Automatische Gussstahlkugelfabrik), auch Kugelfischer genannt, 1991 von der Treuhandanstalt das Rotasym-Werk kaufte und kurz darauf schloss. S aale, der mit 413 Kilometern nach der Moldau zweitlängste Nebenfluss der Elbe, ist sehr ausführlich vorgestellt. Über die Bedeutung des Thüringer Meeres für den Tourismus erfährt man mehr auf den gesonderten Einträgen Bleilochtalsperre und Hohenwarte-Stausee. S chleizer Dreieck, die älteste Naturrennstrecke Deutschlands, ist zu finden. Am 10. Juni 1923 fand das erste Rennen auf der dem natürlichen Straßenverlauf folgenden Piste statt. Doch gemessen an der Bedeutung könnte der Eintrag ausführlicher sein. T hüringer Meer, wer diesen Begriff sucht, wird automatisch zum HohenwarteStausee weitergeleitet, nicht aber auch zur Bleilochtalsperre. Z PR, wer dieses Kürzel eingibt, gelangt aus einer Auswahl von fünf Begriffen auch zur Zellstoff- und Papierfabrik Rosenthal in Blankenstein. Wem die Angaben zur Geschichte, Technik und Bioenergie des 445 Mitarbeiter zählenden, holzverarbeitenden Unternehmens nicht ausreichend sind, der kommt über die Verlinkung auch auf die Unternehmenswebseite. Wer selbst Beiträge auf Wikipedia schreiben oder ergänzen will, erhält Infos zum Mitmachen unter www.wikipedia.de/machmit