Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Von der Flucht und besonderen Brücken
Zum Abschluss einer Ausstellungstrilogie mit fast Besuchern wurde Film aus dem Jahr gezeigt
Neustadt. „Die Brücke“hieß der DEFA-Film, der am Donnerstagabend zur Finissage der Ausstellungstrilogie zum Thema Flucht und Vertreibung in Neustadt gezeigt wurde. Und die Brücke war darin gleichzeitig metaphorisch wie real. Sie war die Verbindung zwischen Umsiedlern, wie man sie damals nannte, und den Menschen in einer Stadt, die „dieses Volk“nicht bei sich haben wollten. „Die Brücke“ist der „einzige Film aus DDR-Produktion, der die Heimatvertreibung thematisiert“, informierte Yvonne Jackel vom Museum für Stadtgeschichte vor über 50 Gästen im evangelischen Gemeindesaal, wo die besondere Filmvorführung stattfand.
Der Spielfilm der DEFA, der unter der Regie von Arthur Pohl entstand und 1949 in die Kinos kam, wurde 1948 in Zehdenick an der Havel und in Wusterhausen/Dosse gedreht. Die Vertriebenen, die selbst alles verloren hatten und nun in der Fremde versuchten, sich eine neue Existenz aufzubauen, wurden im Film trotz allen Ungewolltseins, aller Widerstände und Schmähungen zu Helden. Sie waren in einem Umsiedlerlager untergebracht und erreichten die Stadt nur über eine marode Holzbrücke. Als es in der Stadt brannte, schwammen sie durch die Havel, um mit eigenen Händen zu helfen. Die Brücke war nämlich zuvor mutwillig von Männern aus der Stadt zerstört worden – schließlich wurde sie gemeinsam wieder aufgebaut, als Brücke zwischen Menschen.
Und so waren auch die drei Neustädter Ausstellungen zum Thema Flucht und Vertreibung Brücken zwischen Menschen.
Teil 1 war eine bundesweit gezeigte Schau mit dem Titel „Angekommen“, Teil 2 eine Kabinett-Ausstellung „Heimat verloren – Heimat gefunden? Wie Neustädter Flucht und Vertreibung erlebten“und Teil 3 eine ganz aktuelle Schau „Flüchtlinge heute – Erinnerungen, Gedichte und Bilder von Flüchtlingen aus dem Saale-Orla-Kreis“.
„Diese drei Ausstellungen haben nicht nur die Besucher, sondern auch uns an emotionale Grenzen gebracht“, wie die Leiterin des Museums, Yvonne Jackel gerührt bekannte. „Wenn mehr als 12 Millionen Deutsche, als Folge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des Zweiten Weltkrieges ihre Heimat durch Flucht und Vertreibung verlieren, dann ist das ein Ereignis, das nicht vergessen werden darf. Dieser Aufgabe haben wir uns gemeinsam mit dem Bund der Vertriebenen, dem Verein InterPäd und dem Stadtarchiv gestellt. Dank der umfassenden Recherchen und der sensiblen Darstellung der Geschichten unserer Zeitzeugen durch den Stadtarchivar Daniel Pfletscher ist es gelungen, das Unfassbare der Geschichte vor 70 Jahren in die Erinnerungen zurück zu holen“, erkläre Jackel in ihrem Resümee. Fast 1200 Besucher hatten seit November „fassungslos vor der Aufarbeitung teils auch ihrer Geschichte“gestanden. Im Gästebuch beschreiben Besucher, wie sehr sie die Ausstellung ergriffen hat. Zu den Gästen der Finissage gehörten am Donnerstag auch elf Aktive des Flüchtlingsarbeitskreises aus Münchenbernsdorf. Sie hatten durch Flyer von der Veranstaltung erfahren und waren wegen der Bezüge zur aktuellen Flüchtlingsproblematik nach Neustadt gekommen. „Weil wir uns für Flüchtlingsfamilien engagieren“, erklärte Marlen Hölzer. Alle drei Ausstellungen sind noch heute, - Uhr und morgen, - Uhr, zu sehen. Bis zum . Mai bleibt nur die Kabinett-Ausstellung „Heimat gesucht | Heimat gefunden“erhalten
Das Unfassbare in die Erinnerung zurück holen