Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Ein Dorf huldigt dem Ost-Kultauto
W H In Caaschwitz leben Juliane und Michael Heiland, die sich gemeinsam mit Freunden der DDR-Marke Trabant verschrieben haben
Vier Straßentaugliche und zwei „Rennpappen“ Ganz enge Beziehung zum Auto
Caaschwitz. Jemand hat mal ausgerechnet, dass es jeden Tag drei Trabis weniger sind, die auf deutschen Straßen fahren. Wenn auch die Zahl der Abmeldungen seit dem Jahr 2011 deutlich langsamer wächst – es wird ein immer selteneres Vergnügen, einem Trabant zu begegnen. Umso neugieriger macht der Umstand, Menschen kennenzulernen, die heutzutage dieses Ost-Kultauto fahren.
Von den in Thüringen angemeldeten reichlich 4000 Trabis befinden sich einige in der Obhut von Juliane und Michael Heiland in Caaschwitz (Landkreis Greiz). Sie investieren ganz viel Leidenschaft in ihr Hobby.
Juliane entdeckte ihr Interesse an den Autos aus Zwickau schon als Kind. Kein Wunder, schließlich war ihr Vater in der DDR ein bekannter TrabantRennfahrer und hat nach der Wende öfter mal einen Trabi aufgebaut. Auch ihr großer Bruder hatte einen Trabant. Und so stand schon als Kind für Juliane fest: „Wenn ich groß bin, will ich Trabi fahren.“
Michael ist erst später sozusagen auf den Trabi gekommen. Mit 18 kaufte er gleich nach der Führerschein-Prüfung sein erstes Auto, natürlich einen Trabant, 1999 kam ein weiterer dazu. Der hatte mal Julianes Bruder gehört, und Juliane – damals noch ein Kind – freute sich sehr, wenn sie „Gustav“, wie das Fahrzeug liebevoll genannt wurde, irgendwo sah. Das erste Mal begegneten sich Juliane und Michael allerdings erst 2004, zum Dahlienfest in Bad Köstritz. Dass sie sich danach nicht mehr aus den Augen verloren haben und im Laufe der Jahre aus der Freundschaft Liebe geworden ist, verdanken sie wohl auch „Gustav“.
Als sich Michael 2006 dann entschloss, ihn zu verkaufen und durch einen Trabant 1.1 zu ersetzen, kam er zu Juliane. Doch das gute Stück war nicht mehr straßentauglich, und es wäre viel Equipment und Arbeit nötig gewesen, ihn wieder auf die Straße zu bringen. Also schaffte sich Juliane „Lucy“an, und „Gustav“wurde zum geschätzten Ersatzteilspender. Juliane kann sich noch gut erinnern, wie sie stolz mit dem Führerschein in der Tasche zum ersten Mal „Lucy“fahren durfte.
Juliane und Michael wurden ein Paar, und zur Familie Heiland gehören inzwischen neben vier straßentauglichen Trabis auch die Rennautos „Pauline“und „Fridolin“. Diese Schar braucht viel Aufmerksamkeit. Um sie gut unterbringen zu können, haben die Heilands extra eine Halle angemietet. Hier können sie nicht nur ihrem Hobby nachgehen, sondern dieses auch noch mit drei guten Freunden teilen, also gemeinsam die Schätzchen warten und pflegen, sich um deren Motoren und Getriebe kümmern, Schweißarbeiten vornehmen. . . Zehn bis fünfzehn Stunden kommen da in der Woche schon zusammen.
Das geht natürlich nicht ohne gute Kenntnisse und Fertigkeiten sowie handwerkliches Geschick. Die Bürokauffrau und der angehende Altenpfleger haben sich alles selbst angeeignet. „Die 50 Jahre alte Technik ist so einfach gestrickt, dass man selber reparieren und auch improvisieren kann. Und es funktioniert“, schwärmt Michael, und Juliane pflichtet ihm bei. So wächst eine besonders enge Beziehung zum Auto.
Mit ihren Trabis und dem Wohnwagen QEK Junior sind sie mehrmals im Jahr unterwegs. Einen festen Platz im Terminkalender hat da nicht nur das internationale Trabant-Treffen in Anklam (Mecklenburg-Vorpommern), sondern auch das Trabant-Rennen in Pausa (Sachsen), an dem sie seit 2011 teilnehmen. Das findet immer am zweiten Juniwochenende als Acht-Stunden-Rennen statt. Dabei geht es für die bis zu 80 Fahrzeuge darum, auf einer Strecke von drei Kilometern über Stock und Stein möglichst viele Runden zu absolvieren. Mit dem ersten Platz im Vier-Stunden-Rennen hatten sie vor zwei Jahren ihren bisher größten Erfolg.
Für Juliane und Michael Heiland ist der Trabi so etwas wie ein Kulturgut mit ganz besonderer Geschichte. Er hat es ihrer Meinung nach verdient, erhalten und gepflegt zu werden. Dass sie selbst dazu beitragen, macht sie froh und auch ein bisschen stolz – und so genießen sie die anerkennend-bewundernden Blicke, wenn sie mit einem ihrer Trabis unterwegs sind.