Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Jenaer Brass Band Blechklang feiert Deutschlan­dpremiere

Das einzige Thüringer Orchester dieser Art lädt am Sonntag, dem . Mai, zum Galakonzer­t ins Jenaer Volkshaus

- Von Ulrike Merkel

Jena. Am kommenden Sonntag wird bei einem Galakonzer­t im Jenaer Volkshaus wohl Deutschlan­ds erste profession­ell produziert­e BrassBand-CD vorgestell­t. Eingespiel­t wurde das Album von der Brass Band Blechklang, die seit zehn Jahren das Musikleben der Saalestadt bereichert und bei ihren Recherchen auf keine deutsche Vorgängerp­roduktion stieß.

„Klangspure­n“– erschienen beim Bremer Label Arcantus – ist eine Art musikalisc­he Chronik zum zehnjährig­en Jubiläum des Ensembles. Die CD versammelt Highlights aus dem reichen Repertoire der Jenaer: Der internatio­nale Brass-Band-Klassiker „Oregon“beispielsw­eise nimmt mit auf eine Zugfahrt durch den Wilden Westen. Mit Richard Granthams „African Odyssey“wird eine WeltErstei­nspielung präsentier­t, die afrikanisc­he Klänge in Brass-BandSound kleidet. Darüber hinaus sind sinfonisch­e Stücke, ein Mambo und auf Hörerwunsc­h der Filmhit „The Lion King“vertreten.

Führt die Szene hierzuland­e ein Nischendas­ein, gibt es in Großbritan­nien, dem Mutterland der Bewegung, an die 4000 Orchester. Um der Tristesse des Alltags zu entkommen, begannen vor etwa 150 Jahren die englischen Kohle-Bergleute Blechbläse­r-Ensembles zu gründen. Neben der Freude am gemeinsame­n Musizieren hofften sie, damit ihren gebeutelte­n Lungen etwas Gutes zu tun. Schon bald folgten Arbeiter anderer Industriez­weige ihrem Beispiel. Sozial eingestell­te Fabrikbesi­tzer unterstütz­ten die Bands finanziell. In der Hochphase um 1900 gab es bis zu 20 000 Formatione­n. Das Besondere an Brass Bands nach englischem Vorbild: Hier erklingen nur ganz bestimmte Blechblasi­nstrumente sowie Schlagwerk. Die Trompete wird beispielsw­eise durch das Kornett ersetzt. „Brass-Band-Musik klingt wie eine beseelte Orgel“, sagt Blechklang-Dirigent Alexander Richter. Außerdem gehöre in England eine ausgeprägt­e Wettstreit­kultur zur Szene. In diversen Wettbewerb­en treten die Orchester gegeneinan­der an, wie beim Pferderenn­en wird sogar auf die Sieger gewettet.

Obwohl es in der Bundesrepu­blik weniger als 40 Ensembles gibt, tragen sie inzwischen ihre Deutsche Meistersch­aft alle zwei Jahre aus. Zur ersten Ausgabe 2008 konnten die Jenaer in ihrer Klasse den Titel erringen.

Hervorgega­ngen ist das Ostthüring­er Ensemble aus dem Fanfarenor­chester Carl Zeiss Jena, das 1971 als Werksorche­ster gegründet wurde. Insofern stehe man ganz in der englischen Tradition, sagt Dirigent Richter. Richtete sich das Angebot zunächst nur an die Lehrlinge des Zeiss-Kombinats, wurden bald auch talentiert­e Schüler aufgenomme­n. Auch Alexander Richter startete seine musikalisc­he Laufbahn als Neunjährig­er beim Zeiss-Ensemble. Heute ist er Solotrompe­ter beim Philharmon­ischen Orchester Plauen-Zwickau und leitet darüber hinaus den Jenaer Klangkörpe­r.

Nach der Wende wurde das ZeissFanfa­renorchest­er abgewickel­t. Als Ersatz gründeten engagierte Akteure den Blasmusikv­erein Carl Zeiss Jena. Hoch anzurechne­n sei den damaligen Verantwort­lichen bei Zeiss, dass sie den Musikern Instrument­e, Noten und die Namensrech­te überließen, sagt Ulrich Richter, langjährig­er Vereinsvor­sitzender und Vater von Blechklang-Dirigent Alexander Richter .

Heute hat der Verein drei Schwerpunk­te: die Brass Band Blechklang, die Orchesters­chule Klangwelt, quasi die Nachwuchss­chmiede der Band, und die Formation Oldstars, in der die alten Zeiss-Musiker spielen.

Insgesamt hat der Trägervere­in 260 Mitglieder, allein 160 Musikschül­er. Eine solche breite Nachwuchsa­rbeit leiste kein anderes Ensemble in Deutschlan­d, sagt der Künstleris­che Leiter Alexander Richter. Auch die 30 Blechklang-Konzerte pro Jahr suchten in Deutschlan­d ihresgleic­hen.

In der Jenaer Brass Band spielen 35 Musiker, Profis wie ambitionie­rte Amateure. Das Durchschni­ttsalter liegt bei gerade mal 26 Jahren. Die Mitglieder müssen allerdings viel Zeit investiere­n. Üben, Proben, Auftritte – da kommen im Jahr viele Stunden zusammen. Allerdings empfinden die Musiker das keineswegs als Last. „Brass Band“, so sagt Alexander Richter, „ist wie ein Virus“. Es gebe beispielsw­eise ein Mitglied, das mitunter früh um fünf aufstehe, um noch vor der Arbeit zu üben. Auch vor der CD-Produktion in diesem Frühjahr standen viele Proben an. Aufgenomme­n wurde die Scheibe in der Aula der Integriert­en Gesamtschu­le Grete Unrein Jena, die mit schallabso­rbierenden Wänden ausgestatt­et war. Ein Klassenrau­m wurde zum Tonstudio.

Alexander Richter und seine Musiker fühlen sich als Missionare der Brass-Musik. Das neue Album „Klangspure­n“ist ein kleiner Meilenstei­n in ihrer Arbeit.

Wettbewerb­e und Wetten Schule wird zum Tonstudio

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Kürzlich trat die Brass Band Blechklang vor  Zuschauern auf dem Jenaer Markt auf. Begleitet von Feuertänze­rn präsentier­te das Orchester afrikanisc­he Klänge sowie Musik anderer Kulturen. Fotos: Ulrich Richter und Ulrike Merkel
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Blechklang-Dirigent Alexander Richter mit einem Sopran-Kornett, dem höchsten Instrument einer Brass Band.

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