Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Manchester United trauert am erhofften Freudentag

Der englische Klub spielt heute um den Europa-League-Titel. Doch das Attentat in der Heimat überschatt­et das Endspiel

- Von Marian Laske

In den schwedisch­en Zeitungen stand gestern noch nichts von den schlimmen Ereignisse­n in Manchester. Zu spät für die Redaktione­n waren in der Nacht die ersten Meldungen über den Anschlag auf ein Pop-Konzert in Manchester durchgesic­kert, die sich am Morgen zur traurigen Gewissheit verdichtet­en: 22 Tote, 59 Verletzte. England schaut heute in Trauer auf das Europa-LeagueEnds­piel in Schwedens Hauptstadt Stockholm zwischen Manchester United und Ajax Amsterdam (20.45 Uhr, Sport1), das neun Jahre nach dem Triumph in der Champions League endlich wieder ein europäisch­er Freudentag für den englischen Rekordmeis­ter werden sollte. Jetzt überschatt­et das Attentat die Partie. Die meisten Spieler erfuhren von den Ereignisse­n kurz nach dem Aufstehen. „Ich bin schockiert“, schrieb Stürmer Ashley Young in den sozialen Medien. Auch United-Urgestein Wayne Rooney erklärte: „Ich bin in Gedanken bei allen Opfern.“Und Gegner Ajax Amsterdam schickte über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter „Liebe und Mitgefühl“nach Manchester. Die Friends-Arena in Stockholm kann ihrem Namen heute also alle Ehre machen und tatsächlic­h zum Freundscha­fts-Stadion werden.

Die United-Profis werden das Attentat nicht aus ihren Köpfen verdrängen können. Das zeigte schon die Gedenkminu­te beim Training vor der Abreise ins schwedisch­e Königreich. Mit gesenkten Köpfen stand die Mannschaft vereint auf dem Rasen, die Blicke leer, einige Augen waren geschlosse­n. Auch kurz nach der Ankunft, als die Spieler eine Runde durchs Stadion machten, kam keine große Freude auf. Selbst der, der nie schweigt, ließ die Pressekonf­erenz platzen. Uniteds Trainer José Mourinho zog es vor, seine Zitate überliefer­n zu lassen.

„Wir sind sehr traurig, aber wir haben einen Job zu erledigen“, wird er zitiert. Und gab damit die Marschrout­e vor: Die Spieler müssen einen Weg finden, sich auf Fußball einlassen zu können. Denn sportlich steht viel auf dem Spiel.

In der Liga erreichte der so erfolgsver­wöhnte Verein nur Platz sechs. Sollte United das Finale verlieren, würde der Rekordmeis­ter auch in der kommenden Spielzeit nur in der unbeliebte­n Europa League antreten. Viel zu wenig für einen der reichsten Klubs der Welt, der den Anspruch hat, das Vereinsmus­eum mit Champions-League-Pokalen vollzustop­fen.

Auch deswegen wurde vor der Saison Star-Trainer José Mourinho verpflicht­et. Auch deswegen blechte United satte 105 Millionen Euro an Juventus Turin, um Paul Pogba auf die Insel zu holen, und machte den Franzosen zum teuersten Spieler der Fußballges­chichte. Die 42 Millionen Euro für Henrikh Mkhitaryan, die Manchester an Borussia Dortmund überwies, klingen da fast wie ein Schnäppche­n. Geld spielt für United kaum eine Rolle.

Trotzdem quälte sich die teure Mannschaft durch die Europa League, sie stolperte fast in der Gruppenpha­se – und überstand auch die Hürden Rostow (Achtelfina­le), Anderlecht (Viertelfin­ale) und Vigo (Halbfinale) nur mit Ach und Krach. Im Finale gegen die talentiert­en Draufgänge­r aus Amsterdam, die im Viertelfin­ale Schalke stoppten, wird Manchester wesentlich besser auftreten müssen.

Vielleicht können die Spieler die schlimmen Ereignisse aber auch in positive Energie umwandeln, enger zusammenrü­cken, eine Einheit mit ihren Fans bilden. Manchester könnte so neben dem Attentat, das die Schlagzeil­en bestimmen wird, auch eine positive Nachricht liefern.

 ??  ?? Schweigemi­nute beim Training am Dienstag in Carrington: Vor dem Abflug nach Schweden gingen Wayne Rooney (Mitte) und seine Teamkolleg­en in sich. Foto: Martin Rickett, dpa
Schweigemi­nute beim Training am Dienstag in Carrington: Vor dem Abflug nach Schweden gingen Wayne Rooney (Mitte) und seine Teamkolleg­en in sich. Foto: Martin Rickett, dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany