Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Umweltministerin bietet Geld als Ausgleich für Wildnisflächen an
Anja Siegesmund will Thüringenforst entschädigen, wenn Staatswald aus der wirtschaftlichen Nutzung genommen wird
Erfurt. Im seit Monaten schwelenden Streit um eine Ende der wirtschaftlichen Nutzung bestimmter Waldflächen in Thüringen geht Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) auf ihre Kritiker zu. Sie könne sich vorstellen, die Landesforstanstalt finanziell zu entschädigen, wenn weitere Teile des Staatswalds in Zukunft nicht mehr bewirtschaftet werden. Solche Zahlungen könnten sich an einem Modell in NordrheinWestfalen orientieren. Dort bekomme der staatliche Forst 120 Euro pro Jahr für jeden Hektar nicht mehr forstwirtschaftlich genutzte Fläche.
Diesen Vorschlag unterbreite sie, „obwohl in der Geburtsurkunde von Thüringenforst keine Entschädigungen für das Ende der forstwirtschaftlichen Nutzung vorgesehen sind“, sagte Siegesmund.
Gegen die Pläne, in Zukunft auf weiteren Waldflächen im Freistaat keine Bäume mehr zu fällen und diese Wälder sich selbst zu überlassen, gibt es massiven Widerstand unter anderem bei Förstern, aber auch bei privaten Waldbesitzern. Die Landesforstanstalt befürchtet vor allem, in Zukunft weniger Geld zu verdienen, wenn sie weitere Flächen nicht bewirtschaften kann.
Der Holzeinschlag ist für den seit 2012 als Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) organisierten Landesforst die zentrale Einnahmequelle.
Allerdings steht schon in der Präambel des 2011 vom Landtag verabschiedeten Errichtungsgesetzes, dass 25 000 Hektar Wald bis spätestens 2029 aus der forstwirtschaftlichen Nutzung genommen werden sollen, „um die hohe Bedeutung des Naturschutzes im Freistaat Thüringen angemessen zu würdigen“. Zudem sieht sich Thüringen dem auch bundesweit geltenden Ziel verpflichtet, auf fünf Prozent seiner Waldfläche eine Waldwildnis entstehen zu lassen – was einer Waldwildnisfläche von etwa 26 200 Hektar in Thüringen entspricht.
Nach Angaben des Umweltministeriums waren von diesen Flächen Ende 2015 bereits etwa 18 000 Hektar identifiziert. Der Streit dreht sich nun vor allem darum, wo die übrigen etwa 7000 Hektar liegen sollen. Besonders umstritten war dabei zuletzt auch die wirtschaftliche
Stilllegung des Waldgebiets Possen, das etwa 2500 Hektar groß ist.
Zugleich betonte Siegesmund, es gebe keine Pläne von Rot-Rot-Grün, private Eigentümer von Waldflächen zu enteignen, um ihre Areale aus der wirtschaftlichen Nutzung zu nehmen.
Sie hoffe aber, dass es einen aus Bundesmitteln finanzierten Fonds geben werde, mit dessen Geld der Freistaat Privatbesitzern Wald abkaufen könne, wenn diese dazu bereit seien. Der Streit um die wirtschaftliche Stilllegung weiterer Waldflächen im Land war zuletzt auch deshalb eskaliert, weil Siegesmund auf einer Veranstaltung ihrer Partei gesagt hatte, in Thüringen sei eine „Baumkahlschlags-Lobby“unterwegs. Diese versuche einen besseren Naturschutz für Thüringer Wälder zu verhindern. Der Bund Deutscher Forstleute hatten diese Aussage als Beleidigung der Forstbranche verstanden und ihren Rücktritt verlangt. Siegesmund argumentierte nun, sie sei bei ihrer Äußerung wohl missverstanden worden. „Wer nachthaltige Forstwirtschaft betreibt, der ist nicht der Adressat dieser Worte gewesen“, sagte sie. (dpa)
„Es gibt keine Pläne private Eigentümer von Waldflächen zu enteignen, um ihre Areale aus der wirtschaftlichen Nutzung zu nehmen.“Anja Siegesmund, Umweltministerin