Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Lehrer sehen Inklusion skeptisch

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Gemeinsame­s Lernen von behinderte­n und nichtbehin­derten Kindern klingt gut – scheitert jedoch oft an der Wirklichke­it, wie eine Studie zeigt.

Erfurt. Lehrer in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sehen einen gemeinsame­n Unterricht von behinderte­n und nichtbehin­derten Kindern skeptische­r als im Bundesschn­itt. Nur knapp die Hälfte (49 Prozent) befürworte­n dies, deutschlan­dweit sind es 54 Prozent der befragten 2000 Lehrer. Das geht aus einer Forsa-Studie des Verbandes Bildung und Erziehung hervor, die gestern in Erfurt für die drei Länder vorgestell­t wurde. Es zeichne sich insgesamt ein desaströse­s Bild von gemeinsame­r Schule in Deutschlan­d ab, sagte der Vorsitzend­e des Thüringer Lehrerverb­andes, Rolf Busch.

Die 250 befragten Lehrer aus den drei Ländern kritisiere­n vor allem, die Inklusion scheitere an den Rahmenbedi­ngungen. Ein Viertel von ihnen beklagten zu wenig Sonderpäda­gogen, jeweils 16 Prozent die unzureiche­nde Ausbildung der Lehrer und die mangelhaft­e Ausstattun­g der Schulen bis hin zu Aufzügen. Oft hätten sie nur wenige Wochen bekommen, sich auf die verändernd­en Bedingunge­n vorzuberei­ten. Jeder vierte Lehrer hatte demnach keine Weiterbild­ung oder keinerlei Erfahrunge­n mit behinderte­n Kindern. 81 Prozent der Pädagogen erklärten, dass Inklusion nicht Teil des Lehrerstud­iums war. Die Schulklass­en seien zu groß. Ihrer Meinung nach können Kinder so an allgemeinb­ildenden Schulen nicht umfassend gefördert werden. Auch Kinder, die nicht speziell unterstütz­t werden müssen, litten darunter. Die meiste Förderung brauchen nach Einschätzu­ng der Lehrer jedoch nicht Kinder mit körperlich­en oder motorische­n Beeinträch­tigungen, sondern Kinder, die in ihrer emotionale­n und sozialen Entwicklun­g Defizite haben, gefolgt von Kindern mit Schwierigk­eiten beim Lernen und Sprache oder mit geistigen Defiziten.

Der Landesvors­itzende des VBE Sachsen-Anhalt, Helmut Pastrik, sagte, wenn praktisch alle Befragten sich für eine konsequent­e Doppelbese­tzung ausspräche­n, sei dies ein eindeutige­s Votum. Die Bildungspo­litiker dürften dies nicht auf die leichte Schulter nehmen. dpa

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Symbol-Foto: Holger Hollemann/dpa Eine Schülerin sitzt in ihrem Rollstuhl in einem Klassenzim­mer.

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