Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Mozart-Oper als Schlagerab­end

Am Sonntag startet Geraer Sommerthea­ter: Premiere für Open-Air-Stück „So machen‘s alle“. Ein Gespräch mit Autor Manuel Kressin

- Von Ulrike Merkel

Inspiriert von Mozarts Oper „Cosi fan tutte“schrieben Manuel Kressin und Olav Kröger die Komödie „So machen‘s alle“. Am Sonntag hat das von Bernhard Stengele inszeniert­e Open-Air-Stück auf dem Vorplatz der Bühne am Park Gera Premiere.

Herr Kressin, müssen Ihre Schauspiel­er Oper singen? Dass das nicht geht, war uns von vornherein klar. Auf der Suche nach einer leichten Sommerkomö­die, einer Liebeskomö­die mit allen möglichen Verwicklun­gen, waren Bernhard Stengele und ich uns einig, „Cosi fan tutte“hat eine tolle Story. Aber oft funkt der Witz der Oper nicht, weil auf Italienisc­h gesungen wird. Also sagten wir uns, wir machen eine Schauspiel­fassung daraus und schreiben dazu Schlager im Stil der 50er Jahre.

Die Musik ist also komplett neu? Genau. Wir haben nur die Grundsitua­tion der Oper beibehalte­n, lösen uns also auch von der Story. Was blieb, ist der Streit, dass der Freund von Ferrando und Guglielmo, Don Alfonso, sagt: „Eure Mädels werden euch nicht treu sein. Wenn ihr‘s nicht glaubt, dann lasst es uns testen und die Rollen tauschen.“Ab dann drehen wir frei...

Olav Kröger schrieb die Schlager, Sie schrieben die Texte. Wie funktionie­rt Ihre Zusammenar­beit? Herr Kröger und ich machen das wie folgt: Ich gebe ihm einen Text, den er als Inspiratio­n nimmt und darauf etwas komponiert. Danach sagt er mir, wo noch ein Vers, eine Passage fehlt. So nähern wir uns an. Auch Bernhard Stengele gibt immer seine Anregungen dazu. „Barbarossa ausgekyfft“ist ebenso im Trio entstanden. Wer wissen will, wie „So machen‘s alle“klingt, der kann auf unserer Website mal in zwei Lieder reinhören.

Das Stück ist komplett durchgerei­mt. Haben Sie früh angefangen, Gedichte zu schreiben? Oja, ich habe mit zehn begonnen. Natürlich waren die Gedichte noch sehr schlecht gereimt.

Schreiben sie immer noch Lyrik? Das macht mir großen Spaß. Aber meistens schreibe ich nur Gedichte, wenn ich extrem glücklich bin oder furchtbare­n Liebeskumm­er habe. Wie kann man sich die Inszenieru­ng vorstellen? Optisch ist es knallig bunt. Wir wollten uns etwas an der Ästhetik der 50er Jahre orientiere­n. Wir greifen diese Pastellfar­ben der Heimatfilm­e auf.

Künftig übernehmen Sie den Posten des Schauspiel­direktors von Bernhard Stengele. Welche Highlights bietet Ihre erste Spielzeit? Ich glaube, dass „Menschen im Hotel“schon eine Visitenkar­te wird, zu zeigen, was mich an Theater interessie­rt. Das Stück nach einem Roman von Vicki Baum wird die neue Spielzeit in Gera eröffnen. Was mich daran reizt? Einfach diese menschlich­en Beziehunge­n. Außerdem erleben wir hier ein Zusammensp­iel der verschiede­nen darstellen­den Künste. Es wird eine Balletttän­zerin dabei sein. Und das Orchester wird dazu eine Sinfonie spielen, die übrigens auch Olav Kröger komponiert. Ich mag es, wenn die Sparten gemeinsam eine Geschichte erzählen.

Als großes Schauspiel-Projekt gilt auch das Stück „Die große Liebe war es nicht“. Was verbirgt sich dahinter? Das ist eine Geschichte über die DDR-Schlagersä­ngerin Ruth Brandin. Ich gestehe, ich bin Schlagerfa­n. Erst vor zwei Wochen haben wir sie wieder getroffen. Wir fuhren gemeinsam durch Berlin und besuchten ihre Wirkungsst­ätten. Wir waren auch am ehemaligen Rundfunkge­bäude der DDR. Heute ist das ein Veranstalt­ungsort, der leider verfällt. Jedenfalls war dort zufällig eine Tür offen und wir konnten mit Frau Brandin in die ehemalige Aufnahmeha­lle. Das war schon sehr berührend. Was erzählen Sie über die Sängerin? Sie war einer der ersten Teenie-Stars in der DDR und hat sehr heitere Lieder gesungen. Aber sie musste in ihrem Leben sowohl sehr viele private Rückschläg­e, als auch Repressali­en durch das System einstecken. Das heißt, sie wurde von der Stasi angesproch­en, ob sie nicht mal ihre Kollegen aushorchen wolle. Das hat sie rigoros abgelehnt. Und kurz darauf wurde ihr Plattenver­trag aufgelöst. Danach bekam sie kaum noch Auftritte.

Wie sehr bedauern Sie den Weggang von Bernhard Stengele und der ausländisc­hen Ensemble-Mitglieder? Sehr. Es ist für mich gerade eine schwierige Phase. Ich habe sehr eng mit Bernhard zusammen gearbeitet. Somit geht für mich eine wichtige Vertrauens­person. Wir und der Intendant waren uns einig: Wir wollen keinen radikalen Cut. Es ist hier wirklich im Schauspiel etwas aufgebaut worden, was wir fortsetzen wollen. Insofern war ich dann schon erst mal geknickt, als sich vier Schauspiel­er entschloss­en haben zu gehen – auch wenn es nicht an mir liegt. Ich freue mich aber auch sehr auf die neuen Kollegen. Es ist ein Wechselbad der Gefühle. Allerdings werden die Zuschauer auch die Kollegen, die gehen – bis auf Ouelgo Téné – als Gäste in laufenden Produktion­en weiterhin erleben.

 ??  ?? Szene aus der Sommerkomö­die „So machen's alle“mit Vanessa Rose (Dorabella) und Manuel Struffolin­o (Guglielmo). Fotos: Sabina Sabovic und Bruno Beeke
Szene aus der Sommerkomö­die „So machen's alle“mit Vanessa Rose (Dorabella) und Manuel Struffolin­o (Guglielmo). Fotos: Sabina Sabovic und Bruno Beeke
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Manuel Kressin übernimmt in der nächsten Spielzeit den Posten des Schauspiel­direktors am Theater Altenburg-Gera.

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