Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Der Pionier des Kung Fu
Peter Fischer etablierte den Kampfsport in den neuen Ländern. Der von ihm gegründete Verein feierte nun Jubiläum
„Heute kommen die Chinesen nach Deutschland, um zu lernen.“Meister Peter Fischer über Weng Chun Kung Fu
Schleiz. Richtig viel zu lernen, gab es unlängst für 35 Teilnehmer eines Kung Fu-Lehrgangs in Schleiz, bei dem Großmeister Andreas Hoffmann – die weltweit höchste Instanz im Weng Chun Kung Fu – die 18 Kampfbrücken des Sports unterrichtete. Anlass war das 25-jährige Bestehen des Vereins für Chinesische Kampfkunst und Gesundheitslehre Saale-Orla, das mit diesem Seminar und einem anschließenden Festakt gefeiert wurde. Und all das hätte es nie gegeben, wäre Peter Fischer 1985 nicht nach Ungarn in den Urlaub gefahren.
Der 53-Jährige war ein Kung Fu-Pionier in der DDR und wurde vor zwei Jahren als erster aus den neuen Bundesländern zum Meister ernannt. Dabei kam er zu der Sportart, wie die Jungfrau zum Kind. „Ich war 1985 in Ungarn im Urlaub und in einem Bistro liefen Kung Fu-Filme auf deutsch. Das hat mir einfach richtig gut gefallen“, so Peter Fischer, der schnell feststellen musste, dass die Sportart in der ehemaligen DDR quasi nicht existierte. Nachdem er von Vietnamesen erste Einblicke in die Kampfkünste erhielt, versuchte er sich einige Zeit im Karate, das kurz vor der Wende staatlich gefördert wurde, kehrte aber nach dem politischen Umbruch schnell zum Kung Fu zurück.
Für kurze Zeit eignete er sich in Düsseldorf weitere Kenntnisse an, dann ging er in Bamberg bei Andreas Hoffmann in die Lehre. „Ich wusste damals noch nicht, was für ein Experte das ist“, berichtet der Schleizer, der seinen Sifu – im weitesten Sinne Lehrmeister – 1995 nach Hongkong begleitete, wo dieser zum Großmeister des Weng Chun Kung Fu ernannt wurde, womit sich das Zentrum des Kampfsports nach Franken verlagerte.
Eine deutlich kürzere Reise – nämlich die nach Schleiz – nahm Andreas Hoffmann nun auf sich, um die Pionierarbeit von Peter Fischer im 1992 gegründeten Verein zu würdigen. Der hat zwar „nur“etwa 30 Mitglieder, doch seit einiger Zeit wird das Weng Chun Kung Fu auch in Gera, Greiz, Jena oder Hof unterrichtet „und das geht alles auf Schleiz zurück“, erklärt Fischer, der nun auch nicht mehr der einzige Meister in der Rennstadt ist.
Am Rande des Festakts zum 25. Vereinsjubiläum erhielten Holger und Mike Müller ihre Urkunden zum 1. Meistergrad aus den Händen des Großmeisters. Daneben gibt es in Schleiz noch vier Kung Fu-Lehrer, womit allen Interessenten an der chinesischen Kampfkunst inzwischen sieben ausgebildete Sifus mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Wer sich im Kung Fu ausprobieren möchte, kann einfach am Gasthaus Eremitage – dessen Betreiber Rainer und Dorothea Pätzold für ihre langjährige Unterstützung geehrt wurden – in Schleiz-Oschitz vorbeikommen. Kinder und Jugendliche trainieren donnerstags ab 18 Uhr, Erwachsene Dienstag und Donnerstag jeweils ab 19.30 Uhr – bis zum Ende der Ferien aber nur donnerstags.
Besondere Voraussetzungen braucht es nicht. „Man soll einfach Lust haben. Alles andere ist dann unsere Aufgabe als Lehrer“, meint Fischer, der potenzielle Schüler zu Geduld mahnt: „In der Theorie ist das alles einfach, das Können in der Praxis erfordert aber sehr viel Übung.“