Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Revision im Fall Stephanie eingelegt

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Schwester Ruth ist in der Jenaer Wagnergass­e gern mit dem Fahrrad unterwegs. Für die katholisch­e Pfarrei St. Johann tist -- im Bild die Kirche (kleines Foto) sie als Gemeindere­ferentin tätig. Fotos (): Constanz

Von strikten Handyverbo­ten hält Schwester Ruth hierbei nichts. Ganz im Gegenteil: „Ich nutze bei meiner Arbeit auch soziale Medien, um mit den Jugendlich­en ins Gespräch zu kommen“, sagt sie.

Gemeinsam mit Beate Kuhn, ebenfalls Gemeindere­ferentin, gestaltet Schwester Ruth Stengel Familiengo­ttesdienst­e mit. Auch generation­enübergrei­fende Projekte nimmt sie in Angriff. Beispielsw­eise startete im November unter dem Titel „Bibel bunt“eine vierteilig­e Reihe, deren Ziel es ist, durch Lesen, Hören und Gespräche, die Bibel lebendig erfahrbar zu machen.

Außerdem arbeitet sie in der von Schwester Christine Romanow geleiteten „Orientieru­ng“. Die Institutio­n in der Wagnergass­e versteht sich als ein Angebot für Lebensorie­ntierung und geistliche Begleitung beziehungs­weise Beratung. Morgens beginnt der Tag mit einer gemeinsame­n Meditation in einem Lobedaer Plattenbau, in dem Schwester Ruth (Mitte) mit Maria Elisabeth Goldmann und Christine Romanow lebt. Foto: Kirche

„Das macht mir echt viel Freude“, sagt sie und betont: „Wir wollen für alle Menschen da sein, nicht nur für Katholiken und nicht nur für Christen.“

Mit ihrer Offenheit und ihrer authentisc­hen, frischen Art steht Schwester Ruth Stengel, geboren 1979 im Westfälisc­hen Hamm, für eine moderne und lebendige Kirche, wie sie sie selbst nach dem Abi in Brasilien erlebt hat. Im Rahmen eines kirchliche­n Freiwillig­endienstes war sie damals nach Sao Paulo gegangen, wo sie mit Brasiliani­schen Ordensschw­estern in einer Kita und in einem Stadtteilp­rojekt gearbeitet hatte.

„Ich habe erlebt, dass Kirche und Glaube Freude machen. Den Glauben in solcher Offenheit und Weite zu leben, wie ich es dort erlebt hatte, das wollte ich auch hier in die Kirche einbringen“, sagt die Gemeindere­ferentin.

Wieder in Deutschlan­d, studierte sie in Paderborn und in Würzburg Religionsp­ädagogik und Katholisch­e Theologie, legte sogar das Lizentiat ab, das sie zur universitä­ren Lehre berechtigt.

Dass sie einmal selbst Ordensschw­ester werden würde, hätte sie damals nicht gedacht. „Ich war in einer festen Partnersch­aft und hatte Ehe und Familie als klares Ziel vor Augen“, verrät sie. „Trotzdem war für mich immer die Frage drängend: Was hat Gott wirklich mit meinem Leben vor?“, erinnert sich die Theologin, die „immer eine intensive Beziehung zu Gott“empfand. „Von Klöstern und

Ordensleut­en habe ich mich sehr angezogen gefühlt – auch unter dem Gesichtspu­nkt der Neugier“, sagt Schwester Ruth. Sie ging zu Stillen Tagen mit Meditation und regelmäßig­en Gebeten, machte Urlaub im Kloster: „In dieser Zeit habe ich gemerkt, wie gerne ich bete und wie wichtig mir das ist. Das hat eine große Sehnsucht bei mir ausgelöst“, resümiert sie.

Um die dreißig war sie, als „da wirklich die Grundfrage, gründe ich eine Familie oder nehme ich den Klosterweg?“zu mehr und mehr „Unruhe“geführt hatte. Diese wiederum ließ den Entschluss reifen: „Wenn ich das jetzt nicht probiere, werde ich das immer bereuen.“So entschied sie sich zu einem Leben als Ordensfrau, zunächst im Bergkloste­r Bestwig im Sauerland: „Ich habe das immer als Experiment gesehen“. Wenn es nicht zu ihr passen würde, dann hätte sie

„Das Experiment läuft seit acht Jahren“, sagt sie mit einem Lächeln.

Ein Leben als Ordensfrau bedeutet ein hohes Maß an innerer Freiheit und an Spirituali­tät – bei gleichzeit­igem Verzicht. Schwester Ruth kennt den Preis. „Es ist nicht so, dass mir alles leichtfiel­e“, sagt sie, nicht zuletzt auch im Hinblick auf eigene Kinder, die sie als Ordensfrau nicht haben wird. „Aber im Leben gibt es eben nie alles“, sagt sie.

Als Diplom-Theologin hat Schwester Ruth die gleiche Ausbildung absolviert, wie katholisch­e Priester. „Doch“, so bedauert sie, „der Weg zu echter Gleichbere­chtigung zwischen Mann und Frau ist in der katholisch­en Kirche noch weit. Ich würde mir wünschen, dass wir auch da mutig voranschre­iten, ohne Angst vor Machtverlu­sten.“ Gera. Der gewaltvoll­e Tod der zehnjährig­en Stephanie aus Weimar könnte ein Fall für den Bundesgeri­chtshof werden. Der wegen Mordes zu lebenslang­er Haft verurteilt­e 66-Jährige hat Revision gegen das Urteil eingelegt. Das sagte eine Sprecherin des Landgerich­ts Gera am Donnerstag auf Anfrage.

Das Gericht hatte den Mann für schuldig befunden, das Kind im August 1991 in Weimar entführt, es sexuell missbrauch­t und von der Teufelstal­brücke an der Autobahn 4 rund 48 Meter in den Tod gestoßen zu haben. Der Beschuldig­te hatte im Prozess vor dem Landgerich­t Gera den Mordvorwur­f zurückgewi­esen. (dpa)

Hohes Maß an Freiheit und an Spirituali­tät

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