Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Kunstsamml­ung öffnet ihr Schatzkäst­chen

In Südflügel und Mittelpavi­llon der Orangerie Gera werden Malerei, Druckgrafi­k und Plastiken von Mittelalte­r bis Gegenwart gezeigt

- Von Ulrike Kern ■

Blick in die neue Ausstellun­g der Kunstsamml­ung in der Geraer Orangerie. Papierrest­auratorin Franziska F. Pucher mit dem Gemälde „Am Marcellus-Theater in Rom“von  von Hugo Paul Harrer. Foto: Ulrike Kern Gera. Das Wort „Zimelien“ist ein heute eher selten gebrauchte­s. Früher fand der Begriff in Büchersamm­lungen Verwendung und bezeichnet­e kostbare Stücke aus kirchliche­n und weltlichen Schatzkamm­ern.

Auch die Kunstsamml­ung Gera hat nun mit ihrer Sonderauss­tellung „Zimelien. Kunst vom Mittelalte­r bis zur Gegenwart aus dem Bestand der Kunstsamml­ung Gera“ihr Schatzkäst­chen geöffnet. Bis 24. Februar werden im Südflügel 52 Arbeiten – Malerei, Druckgrafi­k und Plastik – , unterteilt in fünf Themenkomp­lexe präsentier­t. Die Räume im Mittelpavi­llon widmen sich der Kunst der Klassische­n Moderne.

Unter den 11.000 Objekten im Museumsbes­tand, was einer Sammlung mittlerer Größe entspricht, lagern etliche, mitunter selten gezeigte Kostbarkei­ten. Hervorgega­ngen aus verschiede­nen Institutio­nen und Stiftungen aus dem Ende des 19. und beginnende­n 20. Jahrhunder­ts vereinigt die Geraer Kunstsamml­ung ein heterogene­s Inventar an Gemälden, Zeichnunge­n und Plastiken – und neben Otto Dix noch viele andere bekannte Künstlerna­men. In wiederkehr­enden themenspez­ifischen Bestandsau­sstellunge­n werden diese regelmäßig der Öffentlich­keit präsentier­t.

Nun haben der Kunstsamml­ungsleiter Holger Saupe und die wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin Astrid Lindinger die Bestände nach dem Oberbegrif­f „Leben“durchgesch­aut und die Arbeiten in die Komplexe Lebenswege, Lebensschi­cksale, Lebenslust, Lebensraum und Lebenserfa­hrung unterteilt. Das spannende daran ist nun der Dialog, in den die Werke miteinande­r treffen, die Konfrontat­ion ganz unterschie­dlicher Stile und doch gleicher Themen, die anderen Sichtweise­n, die durch die neue Reihung und Sichtachse­n in den gebogenen Ausstellun­gsräumen der Orangerie entstehen. „Doch wir wollten noch mehr als die Werke nur zeigen“, verrät Holger Saupe und hat die in Gera lebende Lyrikerin und Autorin Annerose Kirchner mit ins Boot geholt. Sie hat zu den einzelnen Abschnitte­n der Ausstellun­gen einleitend­e poetische Texte geschriebe­n, an denen man sich orientiere­n oder reiben kann. „Ohne Worte und Räume, ohne andere Menschen, die uns vor allem durch familiäre Bindungen nahe sind – dazu zählen auch unsere Vorfahren – können wir keine Wurzeln schlagen. Selbst ein Einsiedler braucht in der Abgeschied­enheit eine Hütte oder Höhle, in der er sich geborgen fühlt“, schreibt Annerose Kirchner beispielsw­eise zum Thema Lebensraum.

Angeregt durch ihre Sichtweise kann sich nun der Besucher ganz auf die bildlich dargestell­ten Stimmungen und Wandlungen des Lebens einlassen und wird gleich zu Beginn vom ältesten Exponat, dem um 1500 datierten Altar zu Hirschfeld von Peter Breuer (1472-1541), empfangen. Doch das ist längst nicht die einzige Kostbarkei­t. Im hinteren Teil der Schau begegnet man der „Geißelung Christi“(um 1509) und der „Posterstei­ner Kreuzigung“von 1515, jeweils von Lucas Cranach d. Ä. Es folgen vier bemerkensw­erte Radierunge­n von Francisco de Goya (17461828), zwei weitere Arbeiten von Albrecht Dürer (1471-1528) und einer Bleistiftz­eichnung von Carl Spitzweg von 1880.

Zu diesen Arbeiten haben die Ausstellun­gsmacher schöne Entsprechu­ngen anderer Künstler gehängt. Und so reihen sich Landschaft­en aneinander – im Fall von Hugo Paul Harrer und Giovanni Battista Piranesi sogar das gleiche Motiv in Rom – Porträts aus unterschie­dlichen Epochen wie beispielsw­eise das „Damenbildn­is“(1620) von Franz Hals neben der „Mondnacht“(1935) von Kurt Günther oder ähnliche Stimmungen wie bei Rudolf Schlichter­s „Raufende Frauen“von 1922 und Jacques Firmin Beauvarlet­s „Loth und seine Töchter“um 1750. Aber auch Horst Sakulowski ist vertreten, Elke Hopfe, Erika Streit und Gerda Lepke, Karl Weschke und Alfred Hrdlicka.

Obendrein lohnt sich noch ein Blick in den Mittelpavi­llon und somit in den beachtlich­en Schatz an Grafiken von Künstlern aus der Zeit zwischen 1900 und 1925. Einigen dieser großen Namen der Klassische­n Moderne wie Max Beckmann, Lyonel Feininger, Conrad Felixmülle­r, Erich Heckel, Wilhelm Lehmbruck, Emil Nolde oder Max Pechstein begegnet man nun ebenfalls in der Orangerie.

Geöffnet: Mittwoch bis Sonntag, Feiertag  – Uhr, . Dezember geschlosse­n, . Dezember  – Uhr, . Januar  – Uhr Tino Zippel stellt seine Höhepunkte des Wochenende­s vor

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