Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Ein Küchenchef mit Grenzerfahrung
Thomas Rau aus Lauenhain hat die Betriebskantine von Sumida in Lehesten gepachtet und bietet auch Kochkurse an
Küchenchef Thomas Rau bestückt auch die Obstkörbe für die knapp Sumida-Angestellten. Am Mittwoch gab es Spätzle, eine von Raus Spezialitäten – der Jährige war rund Jahre lang in Baden-Württemberg tätig. Foto: Robin Kraska Lehesten. Satte Sumidianer sind sein täglicher Anspruch, für ihn steht er 60 Stunden pro Woche am Herd und um fünf Uhr früh auf: Thomas Rau, 58 Jahre alt, Küchenmeister. „Heute haben wir wieder an die 70 Essen ausgegeben. Das liegt im Durchschnitt“, sagt er. Rau lebt im Ludwigsstädter Ortsteil Lauenhain, von wo seine Frau stammt, und pendelt täglich in kulinarischer Mission über die Landesgrenze gen Lehesten.
Im vergangenen Jahr hat er die Betriebskantine des Lehestener Elektronikunternehmens Sumida gepachtet. Seit Juli 2017 schwingt er dort den Kochlöffel. „Wir machen so viel wie möglich selbst. Das ist nicht nur allgemein, sondern schlicht auch billiger“, sagt Rau. Mit „wir“meint er seine Küchenhilfe, die ihm auf 165-Euro-Basis unter die Arme greift. Fertigprodukten und Tütenfix steht er kritisch gegenüber. „Weil man sie meist einfach nicht benötigt. Bequemer mag es ja sein“, ergänzt er und bringt als Beispiel WelaSuppen aus Ludwigsstadt. Deren Erzeugnisse seien „sicher hochwertig“, dennoch verzichtet er ganz bewusst auf sie.
Rau kommt im sächsischen Kamenz zur Welt und lernt das Kochhandwerk im Dresdner Hotel Astoria; anschließend ist er Kochgruppenführer bei der NVA. „Wir verpflegten 1700 Leute mit 20 Köchen jeden Tag“, erinnert sich Rau. „Das ist aber gar nichts gegen die Kantine von Porsche in Stuttgart: 15.000 Gäste täglich!“, sagt er.
Gehobene Küche ist bei der Fahne freilich nicht angesagt. Feiner wird es mit Raus Übersiedlung in den Westen; im Rahmen einer Familienzusammenführung kommt er nach Göppingen. Erst kocht er in Hotels, später in Bildungseinrichtungen des Landes. 2014 geht er aus familiären Gründen nach Thüringen. Als er von Bekannten hört, dass die alte Pächterin der Sumida-Kantine aufhört, ergreift er die Chance. Im Süden lernte Thomas Rau die schwäbische Küche schätzen, die er auch heute noch regelmäßig bei Sumida auftischt. „Auch die Maultaschen mache ich selbst“, sagt er. An diesem Mittwoch gab es Spätzle mit Hähnchenbrust an Pilzen. Beinahe noch mehr liebt er italienische Gerichte. „Jede Region Italiens hat ihre ganz eigenen Spezialitäten, ich könnte eine kulinarischen Rundreise durchs ganze Land machen.“ Jeden Mittwoch backt Thomas Rau Kuchen. Diese Woche Apfelkäsekuchen mit Streuseln, jüngst einfachen Käsekuchen, an den auch mal ein Schuss Rum durfte. Seinen Lebensunterhalt verdient Rau in seiner Kantine, ein weiteres Steckenpferd und Zubrot soll seine Kochwerkstatt werden. Regelmäßig will er dabei interessierte Privatleute in die Arnika-Akademie nach Teuschnitz im Landkreis Kronach einladen, um gemeinsam unter wechselnden Motti zu kochen. Auftakt war am 23. November mit schneller und trotzdem gesunder Küche, tags drauf wurde italienisch gekocht. Weitere Schwerpunkte sollen Suppen, Fischgerichte und Kochen für Jugendliche sein. „Ich habe noch viele Ideen. Mich würde freuen, wenn die Kurse recht bald immer ausgebucht sind.“Platz ist für die zehn Teilnehmer pro Kurs.
Noch ihrer Premiere harrt dagegen eine zweite Idee, der Männerkochclub „Beef“(englisch: Fleisch). Hier will er zusammen mit anderen Herren – Frauen sind auch willkommen – den „Olymp der Fleisch- und Fischzubereitung erklimmen“, so Raus Aushang in der Kantine. Ein paar Mitarbeiter haben sich schon eingetragen. „Wenn wir zehn Teilnehmer zusammen haben, geht es los“, sagt Rau. Auch für den Beef-Club will er wieder die Räume der Arnika-Akademie Teuschnitz nutzen.
Nach seinem Lieblingsgericht gefragt, kann sich Thomas Rau nicht festlegen, respektiert alles „was gut gemacht ist“, benennt dann aber doch ein „gutes Steak“und „Spaghetti mit selbst gemachtem Pesto“, als nur zwei Beispiele von vielen. „Ein großer Kloßfreund bin allerdings nicht“, bekennt er. Zu Hause setze sich immer wieder auch seine Frau den Hut in der Küche auf, „sie ist eine sehr gute Köchin“.
Ob er schon einmal einen McDonalds von innen gesehen habe, wollen wir wissen. Hat er. „Vor 20 Jahren im Ostseeurlaub auf Rügen. Die Kinder wollten unbedingt mal“, erinnert er sich. Also frühstückt die Familie in dem Fastfood-Tempel. Eine traumatische Erfahrung? Thomas Rau: „Nun ja, es war natürlich nicht ungenießbar! Aber bis wir wirklich satt waren, hatten wir 80 Mark dort gelassen.“
Premiere für den Männerkochclub