Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
„Jeder Schritt ist harte Arbeit“
Am Samstag findet zum siebten Mal „Getting tough – The Race“, einer der härtesten Cross-Hindernisläufe Europas, statt
Auf den ersten Blick ist es eine verlockende Vorstellung. Mit dem Einzug in die Hauptrunde sind die deutschen HandballFrauen bei der EM mit dabei, wenn es um die Medaillen geht. Aber der verlockende Griff nach Edelmetall verschleiert den Blick für das Wesentliche. Dass die junge Mannschaft – Altersdurchschnitt: 24,8 Jahre – nun drei weitere Spiele gegen hochklassige Kontrahenten bestreiten darf, ist der eigentliche Gewinn des Weiterkommens.
Wie wichtig die Duelle für Spielerinnen wie die erst 20 Jahre alte Emily Bölk sind, haben ja beim Thüringer HC die Begegnungen in der Champions League gezeigt. An den schwierigen Aufgaben ist auch die neu formierte Truppe des deutschen Meisters gewachsen – und hat die Hauptrunde erreicht.
Gewiss spielte es der deutschen Mannschaft in die Karten, dass Iveta Luzumova, Tschechiens Führungsfigur, im letzten Vorrundenspiel nach ihrer Verletzung erst pausierte und dann mit halber Kraft weitermachte. Allerdings verstand es die Auswahl um den neuen Bundestrainer Henk Groener, tatsächlich auch die Gunst der Stunde zu nutzen, anstatt am Druck zu zerbrechen.
Nach dem bitteren WM-Aus im Achtelfinale vor einem Jahr im eigenen Land ist der Neubeginn der Frauen-Nationalmannschaft ein langfristiges Projekt. Geduld ist gefragt. Jeder Erfolg aber stärkt das Selbstvertrauen. Das ist der Anreiz, den die Mannschaft vor Augen haben sollte. Irgendwann gelingt dann auch mehr als nur ein Hauptrunden-Einzug bei der EM. Bedrohlich sieht nicht nur die Wolkendecke gestern Vormittag in Rudolstadt aus, sondern auch dieses große Holzhindernis auf der Bleichwiese, über das sich morgen fast Extremläufer quälen werden. Fotos: Peter Scholz Rudolstadt. Markus Ertelt kennt nicht die genaue Zahl. Bis heute nicht: „Es werden 100 plus x Hindernisse werden“, so der Baden-Württemberger, der gemeinsam mit Michael Kalinowski zum siebten Mal eines der härtesten Cross-Hindernisläufe Europas, das „Getting Tough – The Race“, in Rudolstadt am kommenden Samstag starten wird.
Die genaue Zahl spielt auch nur eine unwesentliche Rolle, sowohl für die Organisatoren als auch für die Läufer. Letztere – von ihnen werden am Samstag bis zu 3000 aus dem In- und Ausland starten – erwarten erneut 24 harte Kilometer, wobei die Zahl der vornehmlich künstlichen Hindernisse auf der Strecke in diesem Jahr überschaubar ist. Richtig hart wird es erst wieder, wenn die Teilnehmer den Startbereich auf der Großen Wiese passieren und dann über eine ehemalige NVA-Sturmbahn durch das eiskalte Wasser des Freibades und auf dem letzten Kilometer auf der Bleichwiese gleich ein ganzes Dutzend Kriechhindernisse, Reifenstapel, Halfpipes, alte Autos, Hangelhindernisse oder auch Holzpyramiden überwinden müssen.
Besonders pikant in diesem Jahr ist die Vielzahl von Wasserhindernissen, wobei erstmals seit Jahren wieder die Saale durchquert werden muss. Doch bereits zu Beginn des Laufes geht es durch 1,50 Meter tiefe Wassergräben. Gestern wurden die letzten Arbeiten an den Wassergräben kurz nach dem Start auf der Großen Wiese erledigt.
Für viele Läufer ist das alles nichts besonderes, sie sind schon das fünfte, sechste oder jetzt auch siebte Mal dabei. Einer von ihnen ist Hagen Brosius, vierfacher Sieger in Folge in der „Rudolstädter Hölle“, wie die Organisatoren ihren Lauf gern nennen. „Ich freue mich in diesem Jahr besonders“, so der Ingolstädter, der auch in einem Rudolstädter Laufclub Mitglied ist.
Denn nach Lage der Dinge wird Brosius, der sonst als ausgewiesen starker Läufer immer schon zu Beginn dem Feld enteilt und ein einsames Rennen läuft, in diesem Jahr mit dem Erfurter Marcel Bräutigam einen starken Konkurrenten haben: „Ich denke mal, zumindest die ersten 20 Kilometer werden wir zusammen laufen“, so Brosius. Danach kommen die Hindernisse, das Wasser – „und ich weiß, was da auf einen zukommt“, sagt
der Dauer-Sieger, der dadurch einen kleinen Vorteil für sich sieht: „Den Lauf in Rudolstadt kann man nicht mit anderen Läufen vergleichen. Hier ist jeder Schritt harte Arbeit.“Gespannt ist er vor allem auf das Tauchen im Freibad: „Mal sehen, wie unsere Körper da reagieren“, sagt Brosius, der sich über die prophezeiten milden Temperaturen nur bedingt freut: „Ich hätte mir fast mehr Kälte gewünscht. Das käme mir entgegen.“
Marcel Bräutigam wiederum geht mit großem Respekt in das Rennen: „Ich kenne viele Geschichten, die man sich vom Rudolstädter Lauf erzählt“, so der 31-Jährige, der bisher immer aus Angst vor möglichen Verletzungen dem Rudolstädter Lauf fernblieb. „Aber jetzt habe ich eine neue Herausforderung gesucht und ich bin gespannt, wie es läuft.“Dabei hat der sehr erfolgreiche Hagen Brosius, hier im vergangenen Jahre im Wassergraben auf der Großen Wiese in Rudolstadt, gilt auch in diesem Jahr als großer Favorit.
Marathonläufer den größten Respekt vor den Wasserhindernissen: „Ich bin sehr gespannt, was mich da beispielsweise im Freibad erwartet“, so Bräutigam, der in Brosius den Favoriten beim samstäglichen Lauf sieht.
Bereits am heutigen Freitagabend starten bei der „Sprint at Night“240 Läufer, die sich auf einer kurzen Distanz auf der Bleichwiese auf ausgewählten Hindernissen duellieren. Da kann dann manch einer seine Konkurrenz vom nächsten Tag schon unter die Lupe nehmen.
Bei Brosius und Bräutigam ist das nicht notwendig. Beide kennen ihre Stärken und auch die des Kontrahenten: Bereits Anfang November trafen beide beim „Legend of Cross“im thüringischen Mühlberg aufeinander. Der Ingolstädter gewann dort, war knapp drei Minuten schneller als der Ilmenauer, der nach den 17 Kilometern Zweiter wurde.
Freitag, Uhr, Bleichwiese: „Sprint at night“
Samstag, Uhr, Große Wiese: „Getting tough“