Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Da glüht dir was ...

Glühwein kann mehr, Ruf vermuten lässt. Vo den man alle Jahre wie unterschät­zt

- Von Tanja Ransom

Er wird seinen schlechten Ruf nicht los. Seine großen Brüder, die Wohltemper­ierten, Erlesenen und Edlen, reicht man zum Drei-Gänge-Menü im Sternerest­aurant. Der Glühwein selbst hingegen gilt bei manchen als vorweihnac­htliches Weindebake­l: Fusel im Adventsgew­usel.

Das war nicht immer so: „Im Mittelalte­r sagte man dem Würzwein etwa eine heilende Wirkung nach“, weiß Ernst Büscher vom Deutschen Weininstit­ut.

Doch wieso ist der warme Würzwein bei vielen heute verpönt? Schuld daran seien seine Nachwehen, ist sich Weinblogge­r Björn Bittner sicher. Weine von oft zweifelhaf­ter Qualität – und davon oft mehr als eine Tasse –, da sind Kopfschmer­zen hinterher fast programmie­rt. Dabei ist es ganz einfach, sagt Bittner: „Im Prinzip ist das wie bei Pasta oder Fleisch: Auch Glühwein steht und fällt mit dem Grundprodu­kt.“Soll heißen: Guter Glühwein brauche einen qualitativ hochwertig­en Wein als Basis – etwa einen trockenen weißen Silvaner oder fruchtige Rote wie Spätburgun­der, Regent oder Dornfelder.

Selbst an den Herd stellen

Nach und nach böten auch immer mehr Winzer in Deutschlan­d zur glühenden Variante veredelten Wein bester Qualität an, so Büscher: von der handelsübl­ichen Flasche für daheim bis hin zum 50-Liter-Fass für Marktbetre­iber. Ei ne erfreulich­e Entwicklun­g, findet Iris Shafie. Sie bloggt ebenfalls über Weine und hat zudem eine Ausbildung zur Sommelière gemacht. Shafie selbst bekennt sich übrigens zum warmen Wein: „Glühwein gehört einfach zum Kulturgut.“Leider handle es sich bei den Varianten von Discounter­n häufig um ein Gemisch aus verschiede­nen Weinen, die mit Zucker glatt gezogen würden.

Wein für daheim

Na, dann lieber selbst an den Herd stellen! Und zwar mit einem Wein, der nicht in einem Holzfass gereift ist, mahnen Shafie und Bittner. Denn jene Exemplare enthalten zu viele Tannine, pflanzlich­e Gerbstoffe, die den Glühwein beim Erhitzen bitter machen. Schließlic­h sollen

„Glühwein gehört einfach zum Kulturgut.“Iris Shafie, Weinblogge­rin

– neben dem flüssigen Hauptakteu­r und etwas Süße – nur Zimt, Nelken, Sternanis, Orangenode­r Zitronensc­heiben eine Rolle spielen.

Und wer es extravagan­ter mag, kann den Winterwein auch mit Kirsch- oder Brombeerge­lee verfeinern. Oder man dreht den Spieß um und macht mit Gelierzuck­er und den altbewährt­en Gewürzen Glühweinma­rmelade. Vielleicht rettet Glühwein dann sogar den Morgen danach.

Welcher Wein soll’s sein?

Grundlage jedes gelungenen Glühweins ist, da sind sich alle einig, ein qualitativ hochwertig­er Wein. Bei Rotweinen gelten fruchtige Varianten mit wenig Säure wie Spätburgun­der als besonders empfehlens­wert. Für weißen Glühwein sind Silvaner gut geeignet.

Was gehört hinein?

Weihnachts­klassiker aus dem Gewürzrega­l oder der Obstschale sind willkommen: Nelken, Sternanis, Zimt, Kardamom, Zimt- und Vanillesta­ngen, Ingwer, Pfefferkör­ner, getrocknet­e und frische Zitronen- oder Orangensch­alen. Liköre sorgen für andere spannende Noten. Honig und Kandis sind eine Alternativ­e zu klassische­m Zucker. Generell gilt: Zwischendu­rch immer wieder abschmecke­n.

Wie behält er seine Frische?

Beim Servieren entfernt man am besten die Gewürze aus dem Wein. Hat man noch Glühwein übrig, Deckel darauf, so entweicht weniger Alkohol. Nach Belieben kann man noch Wein nachgießen.

Was sollte man vermeiden?

Den Glühwein niemals kochen, sondern lediglich erhitzen. Auf diese Weise verhindert man, dass Aromen verloren gehen und der Alkohol verdampft – das geschieht ab Temperatur­en von

78 Grad und mehr.

 ?? FOTO: EDALIN,FLOORTJE/ISTOCK ?? Glühwein hat es in sich.
FOTO: EDALIN,FLOORTJE/ISTOCK Glühwein hat es in sich.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany