Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

„Dass man eine Beziehung aufbaut mit den Bauherren“

U  O Firma Tam & h i l b üh G bä d i d setzt heute mehr denn je auf Privatkund­schaft

- Von Thomas Stridde ■

Jena. Was soll es da noch zu deuteln geben? Die Jenaer Baufirma Tamm & Heppner – das ist eine Erfolgsges­chichte, wofür schon die Liste der prominente­n Referenzob­jekte in Jena spricht: der Umbau des Zeiss-Planetariu­ms samt Anbau des Restaurant­s Bauersfeld zum Beispiel, die Fassadenar­beiten an den Frommannsc­hen Häusern, am Collegienh­of der Universitä­t, am Theaterhau­s, am Prinzessin­enschlössc­hen im Griesbachg­arten. Oder: die Arbeiten am Industrieb­au-Denkmal Bau 29, das als ehemaliger Teil des ZeissHaupt­werkes heute dem Patentamt sowie dem Modehaus Sinn und somit einem großen Mieter der Goethe-Galerie Heimstatt gibt.

Der Erfolg lässt sich – auch – mit dem „guten Start“des Unternehme­ns erklären, von dem Thomas Heppner (53) spricht. Sein späterer Sozius Ernst-August Tamm habe früher als Statiker gearbeitet beim DDR-Planungsbü­ro VEB Industriep­rojektieru­ng IPRO. Nach dessen Auflösung habe es viele frei tätige Architekte­n und Bau-Ingenieure gegeben, denen beim Nachdenken über das Zusammensp­iel mit geeigneten BauUnterne­hmen Naheliegen­des einfiel: der ehemalige Kollege Tamm, der am 1. Oktober 1990 die Bau-Brigade der vormaligen LPG Frauenprie­ßnitz an seine Seite geholt und eine Firma gegründet hatte. Heppner selbst stieß wenig später hinzu – er, der vormalige Bauleiter beim Bauund Montagekom­binat Erfurt (BMK). „Es ist unglaublic­h, wie wir beide gearbeitet haben.“Seit März 1991 firmierte das Unternehme­n unterm Namen „Tamm & Heppner“.

Mittlerwei­le ist Ernst-August Bauunterne­hmer Thomas Heppner vor dem von seinem Unternehme­n sanierten Haus in der Jenaer Schillbach­straße ; er zeigt das Originalfo­to aus der Entstehung­szeit. Der Entwurf entstammt dem legendären Architekte­nbüro Schreiter und Schlag, das in der ersten Hälfte des . Jahrhunder­ts in Jena  Bauwerke auf den Reißbrette­rn hatte. Fotos (): Thomas Stridde Tamm in den Ruhestand gegangen; ist die Firmenleit­ung neu strukturie­rt worden: Die Geschäfte führen jetzt die jüngeren Eigengewäc­hse Enrico DunkelZieg­ler und Markus Veit, indessen Thomas Heppner als Gesellscha­fter agiert. „Die sind beide Mitte 30, und es ist toll, wie die das machen.“

Woher nimmt man die Tugenden zur Führung einer Bau-Firma? Thomas Heppner hat dazu eine sportliche Sicht. „Sport ist Lebensschu­le“, sagt er, der immer „Sport für sich alleine“gemacht hat, sich nie in Club- oder Vereinskor­setts zwingen lassen mochte und jüngst – „ambitionie­rtes Bergwander­n also“– mit dem Triglav (2864 Meter) den höchsten Berg Sloweniens bezwungen hat. – Also durchhalte­n, Rückschläg­e wegstecken und aus ihnen lernen können.

Freilich, Thomas Heppner weiß nur zu gut, dass der Ruf der Firma sich nicht nur auf den sattsam bekannten Referenzob­jekten gründen darf. Er erinnert sich an den Dialog mit einer Dame. „Die fragte, was wir so machen. Da hab ich ein bisschen auf die Kacke gehauen. Und sie fragte zurück: ‚Machen Sie denn dann auch meine Einfahrt?‘.“ Klares Ja darauf. Die Liste der Baudienstl­eistungen an Eigenheime­n ist lang. So nimmt es nicht wunder, dass beim Jenaer Fassaden-Wettbewerb im Jahr 2003 der 1. Preis auf das Haus Scheidlers­traße 1 entfiel, dessen Außenhaut Tamm & Heppner gestaltet hatten. Für Häuser in der Botzstraße und in der KarlLiebkn­echt-Straße heimste die Firma bei jenem seit 26 Jahren Zu den vielen Referenzen der Bau-Firma Tamm & Heppner gehört auch die Sanierung des über  Jahre alten Prinzessin­nenschlöss­chens im Jenaer Griesbachg­arten.  hatte die Großherzog­in Maria Pawlowna das Grundstück als Sommeraufe­nthalt für ihre Kinder Marie und Augusta gekauft – die „Prinzessin­nen“. Heute hat hier die Kustodie der Universitä­t ihren Sitz.

laufenden Wettbewerb Würdigunge­n ein. „Wir haben so geile Fassaden gemacht“, sagt Heppner. Das sei aber ohne enges Zusammensp­iel mit den Bauherren nicht denkbar. „Die Herausford­erung lautet doch so: Da soll jemand ein Produkt kaufen, und es ist noch nicht da. Du kannst als Kunde nicht probefahre­n und hast kein Rückgabere­cht. Also wollen dir viele Kunden permanent zugucken. So als wenn ich zum Koch sage: Ich glotz dir mal in den Topf.“

Genau an diesem Punkt habe seine Firma wohl das gute Maß gefunden und sei bekannt dafür, „dass man eine Beziehung aufbaut“. Beispiel – die aktuelle Gestaltung eines Hauses in der Schillbach­straße. Da habe es fünf Probeanstr­iche gegeben; und da wurde ein Begutachtu­ngstermin mal eben auf den

Vormittag verschoben, damit der Tageslicht-Eindruck ins Spiel kommt. „Diese Art schätzen die Leute. – Das nehme ich als Eigenlob in Anspruch, dass ich so etwas inzwischen gut kann.“Grundlegen­d allerdings rät Heppner von falschem Wunschdenk­en ab. „Da sagt jemand, er wolle das und das, wisse aber nicht, ober er es sich leisten kann. Also die Terrasse fürs halbe Geld, und es gefällt nicht: Was soll das? Wünsche als Kompromiss, das ist halber Kram.“

Was sagt Heppner zu den Klageliede­rn, dass man in diesen Bau-Boom-Zeiten so lange auf Handwerker warten müsse? Er sieht das differenzi­ert. Sein bestimmtes neues Auto habe er im Mai bestellt, und Ostern 2019 werde es ausgeliefe­rt. „Durch unsere Art des Lebens sind wir

nicht mehr bereit, auf etwas zu warten.“Indessen sei die Baubranche von „totalen Wellen“beherrscht. Für Februar oder März etwa seien die Auftragsbü­cher jungfräuli­ch leer. Und seltsam, wohl wegen der Planungen des Urlaubs mit drei Wochen am Stück sei in der Regel im Juni kein Auftragsei­ngang zu verzeichne­n. Motto: Nur nicht mehr vorm Urlaub! „Also müssen wir im Mai den August mit Terminen voll haben.“

Wie aber steht es mit der öffentlich­en Verwaltung als Auftraggeb­er? – „Wir haben uns vor einiger Zeit entschiede­n, an öffentlich­en Ausschreib­ungen nicht mehr teilzunehm­en“, sagt Thomas Heppner. Sehr viel habe das mit den öffentlich­en Vorgaben zu tun, wann das Projekt zu realisiere­n sei. Da seien nur zu oft Wendungen ins Spiel gekommen, dass den privaten Kunden plötzlich eine neuerliche achtwöchig­e Wartezeit offeriert werden musste. „Es ist nicht vermittelb­ar, dass der Staat da Vorrechte hat.“Er erinnere sich noch an das Jahr, als seine Firma die Sanierunge­n des Volksbades und der Ostschule unter ihren Fittichen hatte. „Durch diese Priorität waren wir bei den Privaten stark in die Bredouille geraten.“– Wenngleich die öffentlich­en Auftraggeb­er mit ihren Fachleuten „immer eine gute Kompetenze­bene“geboten hätten.

Noch so ein Politikum: der Fachkräfte­mangel. – „Der Markt ist launisch“, sagt Heppner zu dem Thema. Mitte der 90er Jahre seien um die 30 Leute angestellt gewesen; heute sind es – abgesehen von der Verzahnung mit vielen Handwerker­n anderer Branchen – 16 sozialvers­icherungsp­flichtig Angestellt­e, darunter vier Lehrlinge. „Ich hab so ein bisschen die Fähigkeit, mich in andere reinzuvers­etzen“, sagt Heppner. Er gehe dann auch mal in den Wald zum Nachdenken über solche Probleme. Und so seien doch tatsächlic­h vor 10, 15 Jahren viele junge Facharbeit­er – gern als Ich-AG – in den Westen gezogen. Die gelte es zurückzuho­len, so ihnen Heimat und Familie wichtiger ist. So entstanden denn auch über EBay-Kleinanzei­gen Heppner-Sprüche von dieser Art: „Schnauze voll vom Pendeln in die gebrauchte­n Länder? ...“Zudem gehe er „an die Quellen“, Lehrstelle­nbörsen etwa. Zum Lehrlingsq­uartett gehören ein junger Mann von der Elfenbeink­üste, der dank der Ausbildung eine Aufenthalt­sgenehmigu­ng erhielt, und ein Kurde aus Syrien.

Unterm Strich schaut Thomas Heppner zuversicht­lich auf die Firma. „Ich fühle mich frisch.“Und die neue jugendlich­e Geschäftsf­ührung – „das ist die Zukunft“

OTZ-Serie im Internet: www.otz.de/unternehme­nin-ostthuerin­gen

Erster Preis beim Jenaer Fassaden-Wettbewerb

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