Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Eine Liebesgeschichte aus Korbußen
Geraer Filmemacherin hat einen Film über ihre Ostthüringer Großeltern gedreht. Am Donnerstag stellt sie ihn im Metropol-Kino vor
Gera. Die aus Gera stammende Filmemacherin Claudia Euen (39) stellt an diesem Donnerstag ihren ersten Kino-Dokumentarfilm in ihrer Heimatstadt vor. Darin erzählt die WahlLeipzigerin die Liebesgeschichte ihrer ostthüringischen Großeltern. Die einstündige Produktion „Im Schatten des Apfelbaums“wurde auf viele ausländische Festivals eingeladen, etwa nach Armenien, Kambodscha und Kanada. Zur Film-Präsentation im Metropol-Kino in Gera wird ein Vorfilm gezeigt. Im Anschluss ist ein Publikumsgespräch mit Claudia Euen geplant.
Frau Euen, warum interessieren sich gerade Festivals im Ausland für Ihren Film?
Ich glaube, Menschen aus anderen Ländern bietet der Dokumentarfilm die Chance, sich in eine ihnen fremde Lebenswelt einzufühlen. Sie erhalten einen authentischen Einblick in den Alltag eines älteren deutschen Ehepaares, das auch nach 65 Jahren miteinander noch glücklich ist. Deutschen Festivals fehlten vermutlich die großen Abgründe und Konflikte.
Wie haben sich Ihre Großeltern kennengelernt?
Sie kannten sich schon als Kinder. Mein Opa stammt aus Korbußen, meine Oma gleich aus der Nähe, aus Nauendorf. Die Familien waren über das dörfliche Leben miteinander bekannt. Aber näher gekommen sind sich die beiden erst nach dem Krieg. Sie sind zusammen tanzen gegangen. Das war ihre ganze Freude. In Korbußen gab es einen Tanzsaal, der in der ganzen Region bekannt war.
Viele Paare haben ein Lieblingslied. Ihre Großeltern auch?
Sie haben sehr gern alte deutsche Schlager gehört, Lieder aus ihrer Jugend,
Freddy Quinn zum Beispiel. Die Songs haben sie oft zum Abendbrot eingeschaltet. Sie nannten das ihre „Blaue Stunde“.
Machen Sie das heute noch? Leider nein. Meine Großmutter ist letztes Jahr gestorben. Das war ein schwerer Schlag.
Was erzählen Sie in Ihrem Film über Ihre Großeltern?
Einen großen Raum nimmt ihre Jugend ein, wie sie gelebt haben während des Krieges, „als die Nazis dran waren“– so sagt das meine Oma. Damals konnte sie sich beruflich nicht so entfalten wie sie wollte. Mein Opa musste sogar noch in den Krieg ziehen – mit 17 –, was er nie wollte. Parallel dazu erzähle ich von meiner Jugend, wie viel Zeit wir heute damit verbringen, um uns selbst zu finden, den richtigen Job, den richtigen Partner... Und obwohl die äußeren Umstände bei meinen Großeltern weitaus schwerer waren, erscheint ihr Leben manchmal sogar leichter als das unsere heute. Wir machen es uns zuweilen doch sehr schwer.