Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Rot-Rot-Grün begrüßt Scheitern der Maut
Ramelow fühlt sich bestätigt. CDU bedauert die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu Pkw-Abgabe
Erfurt/Luxemburg. Die geplatzte Einführung der Pkw-Maut in Deutschland ist in Thüringen auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während die rot-rot-grüne Koalition die Entscheidung begrüßte, bedauerte die CDUFraktion das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Im Kern sei die Maut-Idee richtig, meinte die AfD. Die Luxemburger Richter erklärten das Prestigeprojekt der CSU in der großen Koalition am Dienstag für rechtswidrig, weil es Autofahrer aus dem Ausland benachteilige.
„Ich war immer gegen die Maut“, sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) auf Nachfrage. „Ich fühle mich durch das Urteil bestätigt.“
„Die Last der Maut würde fast ausschließlich auf den Fahrern und Haltern von im Ausland zugelassenen Pkw liegen“, sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Frank Warnecke. Außerdem gäbe es dadurch erhebliche Einschränkungen auf den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr. Unter der Pkw-Maut hätten vor allem die Grenzregionen zu leiden gehabt, so die GrünenAbgeordnete Madeleine Henfling. Diese könnten aufatmen.
Von einem „extrem teuren Bürokratie-Monster“sprach Gudrun Lukin (Linke).
Die Opposition bewertete das EuGH-Urteil anders. „Ich bedaure die Entscheidung und halte sie für nicht nachvollziehbar, zumal sowohl die EU-Kommission als auch der Generalanwalt beim EuGH bestätigt hatten, dass das deutsche Mautsystem mit dem europäischen Recht vereinbar sei“, sagte der Unionsabgeordnete Marcus Malsch. Er hält das System der Nutzerfinanzierung aus Gründen der Gerechtigkeit und der Lenkungswirkung für richtig.
Der verkehrspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Thomas Rudy, sagte: „In einem Europa der Nationen wäre die Einführung der Maut für Ausländer kein Problem gewesen.“So aber scheitere das Projekt an der von den anderen Parteien geschaffenen EU-Bürokratie. Ramelow erinnerte daran, dass er insbesondere aus seiner Partei stark kritisiert wurde, dass Thüringen im Bundesrat für die Pkw-Maut gestimmt hatte. Im Gegenzug hatte der damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) Mittel für die Elektrifizierung der MitteDeutschland-Verbindung freigegeben. Er habe schon damals gesagt, dass die Maut durch die EU-Richter kassiert werden würde, so der Regierungschef.
Berlin. Das Scheitern der geplanten deutschen Pkw-Maut vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), vor dem die Nachbarländer Österreich und Niederlande geklagt hatten, wurde – fast – einhellig begrüßt:
„Das Urteil ist zu akzeptieren und zur Kenntnis zu nehmen. Natürlich wird Verkehrsminister Andreas Scheuer nun die Situation analysieren. Und dann werden wir sagen, wie wir weiter vorgehen.“
Angela Merkel, Bundeskanzlerin (CDU)
„Das Urteil über die RacheMaut ist eine Niederlage für die CSU, aber ein Gewinn für Europa und die deutschen Steuerzahler. Kosten und Nutzen standen nie in einem angemessenen Verhältnis.“
Christian Lindner, FDP-Chef
„Diese CSU-Maut hätte Ausländer diskriminiert und wäre nebenbei noch ein fettes Minusgeschäft. Scheuer sollte jetzt endlich das Projekt QuatschMaut beerdigen und sich ernsthaft um eine vernünftige Verkehrspolitik kümmern.“
Anton Hofreiter, GrünenFraktionschef
„Die Pkw-Maut der CSU wird nicht kommen. Die Bedingungen der SPD für eine Einführung der Pkw-Maut sind nicht mehr gegeben.“
Sören Bartol, SPD-Fraktionsvize
„Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sollte das Vorhaben in Gänze zurückziehen. Mit der Maut hätten wir dort, wo wir Grenzen abgeschafft haben, neue Barrieren aufgebaut.“Anke Rehlinger (SPD), Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz
„Die Eskapaden um die Maut zeigen, dass die Politik europaweit in dieser Sache nicht gut genug vorbereitet war. Die Bundesregierung sollte hier auch bei der Haushaltsplanung sorgfältiger arbeiten, zumal dem Bund die Mauteinnahmen fehlen, die er schon längst verplant hat.“Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler
„Als überzeugter Europäer halte ich dieses Urteil im Sinn eines funktionierenden Binnenmarktes und fairen Wettbewerbs für ein richtiges Signal – auch im Hinblick auf andere Bereiche.“Andreas Reichhardt, Österreichs Verkehrsminister
„Ich bin froh, dass unser Widerstand Erfolg hatte.“
Cora van Nieuwenhuizen, Verkehrsministerin der Niederlande
„Man muss Gerichtsurteile akzeptieren, aber man muss sie nicht verstehen.“
Horst Seehofer, Bundesinnenminister (mün, jule, phn, dpa)