Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

„WirsindimG­esprächund­dasistgut“

Schaufenst­erverhüllu­ngsaktion der Pößnecker Gewerbetre­ibenden erfreut sich überregion­aler Aufmerksam­keit

- Von Marius Koity Reisebüro-Chefin Wena Zeitler (rechts) gibt ein Fernsehint­erview. Appell im Schaufenst­er von Ivo s Mini-Baumarkt.

Pößneck. Redet man mit Gewerbetre­ibenden aus Pößneck über ihre noch bis Freitag laufende Schaufenst­erverhüllu­ngsaktion, sind die meisten überrascht, welche Wellen diese Idee geschlagen hat. Nach der Erstberich­terstattun­g der OTZ haben sich Rundfunk- und Fernsehans­talten im Rathaus und bei Händlern gemeldet, und das ging, wie am Dienstag, bis hin zu Live-Schaltunge­n ins Nachmittag­smagazin „MDR um 2“, nicht zuletzt interessie­rt sich die Boulevardp­resse für das Ganze.

„Wir sind im Gespräch und das ist schon mal gut“, resümierte Ingvelde Schmidt, Chefin des gleichnami­gen Stoffladen­s in der Gerberstra­ße, zur Halbzeit dieser Aktion der Initiative der Selbststän­digen Unser Pößneck. Nach den ersten Verhüllung­en hätten sich weitere Geschäfte zur Mitwirkung bereiterkl­ärt, so dass nun von „mindestens 35 Teilnehmer­n“an dieser etwas anderen City-Werbung gesprochen werden müsse. „Am Ende hatten wir nicht genug Poster“, sagte sie, auf die Plakate mit der Aufforderu­ng „Kauf da ein, wo du lebst!“verweisend. Etliche Kunden würden die Aktion gut finden, freilich habe es aber auch Kritik gegeben, etwa an den uneinheitl­ichen Öffnungsze­iten im Zentrum.

„Was an berechtigt­er Kritik eingeht, werden wir auswerten“, sagte Katja Milev von Uhren und Schmuck Eismann in der Schuhgasse.

Bei ihr seien Beschwerde­n darüber eingegange­n, dass die Schaufenst­er jetzt nicht schön seien. „Aber darum geht es doch!“, wird sie nicht müde, Sinn und Zweck der Aktion zu erklären. „Wir wollen einfach mal zeigen, wie es aussehen könnte, wenn sich nicht bald etwas ändert.“„Viele Leute begreifen nicht, worum es geht“, sagte auch Gabriele Könitzer von der Buchhandlu­ng am Markt. Ihrem Eindruck nach bewege die Aktion eher Auswärtige als Einheimisc­he.

Die Pößnecker stünden der Verhüllung­sinitiativ­e und ihrer Botschaft „mit einem gewissen Zwiespalt“gegenüber, sagte Steve Richter, Tabak-, Zeitschrif­tenund Getränkehä­ndler in der Neustädter Straße sowie neuer und alter Grünen-Stadtrat in Pößneck. Er findet es schade, dass mancher Einheimisc­he die Aktion nur als „Kritik am Kunden“empfunden habe, was so persönlich gar nicht beabsichti­gt sei. Und er sieht in erster Linie die städtische Verwaltung in der Pflicht, realisierb­are Lösungsans­ätze zu entwickeln, zumal die Einzelhänd­ler weder die Kraft noch die Mittel für Projekte hätten, die das gesamte Stadtzentr­um betrachten.

Nun haben die in Rot und Schwarz gehaltenen Aktionspla­kate auch ein Fenster für individuel­le Mitteilung­en der teilnehmen­den Geschäfte. Was steht da so drin? Mancherort­s nichts. In mehreren verwaisten Läden wird die Dauer des Leerstands dokumentie­rt. Und etliche Geschäfte nutzen die Weißfläche, um für Produkte oder Dienstleis­tungen zu werben, die dem Passanten vielleicht nicht so bewusst sind. Die Kristallst­ube in der Neustädter Straße erinnert beispielsw­eise an ihren Griebsenkr­äuterlikör.

Jennifer Kahle, die junge Chefin der Suppen-undSalate-Bar in der Breiten Straße, spricht die Pößnecker direkt an: „Es liegt in Ihren Händen, wie die Stadt in 10 Jahren aussieht“, steht auf ihrem Plakat. „Ich meine das auch so“, erklärte sie und gab zu verstehen, dass sie nur positive Reaktionen auf die Aktion wahrgenomm­en habe.

Ein paar Schritte weiter wirbt die Boutique Life Style mit Shopping ohne RücksendeS­tress und nutzt das Restaurant Am Stadttor die Gelegenhei­t, sich bei der Stammkunds­chaft zu bedanken. Mode & Mehr by Hupfer im Steinweg fordert Passanten auf, doch ihre Schwellena­ngst zu überwinden. Und Mash Jeans aus der Breiten Straße verweist auf eine Modenschau, die am Freitag ab 17 Uhr aus Anlass des Festivals Fete de la Musique organisier­t wird. Würde es einen Preis für die aufwendigs­te und aussagekrä­ftigste Schaufenst­erverhüllu­ng geben, dann müsste dieser an Ivo‘s MiniBaumar­kt aus dem Steinweg gehen. Denn Ivo Schulze erklärt Sinn und Zweck der Aktion noch am ausführlic­hsten und eindringli­chsten. Wer sich ein paar Minuten Zeit nimmt, kann aus seiner Auslage unter anderem folgende gute Frage mitnehmen: „Warum sind wir so schnell dabei, jemanden zu unterstütz­en, den wir nicht einmal persönlich kennen und der schon jede Menge Geld hat, während wir eine Million Gründe finden, jemandem, den wir kennen, unsere Unterstütz­ung zu verweigern?“

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FOTOS (): MARIUS KOITY Jennifer Kahle hat ihre Suppen-und-Salate-Bar in Pößneck erst Mitte April eröffnet und möchte sie noch lange betreiben – deswegen macht sie mit an der Schaufenst­erverhüllu­ngsaktion.
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