Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Streit um Hauptbahnhof-Entscheid
Fahrgastverband Ostthüringen kritisiert die Absage an einen Zentralbahnhof in Jena und das zugehörige Gutachten
Jena. Der Ostthüringer Fahrgastbeirat kritisiert das Aus für einen neuen Hauptbahnhof in Jena. Ein entsprechendes Gutachten des Erfurter Verkehrswissenschaftlers Matthias Gather habe nicht ausreichend die Einführung des DeutschlandTaktes berücksichtigt.
Die Stadt Jena stützt auf die Studie ihre Entscheidung, lieber die bestehenden Jenaer Bahnhöfe zu modernisieren, als am zentralen Standort in Jena-Burgau einen Knotenbahnhof der Saalbahn und der Mitte-Deutschland-Schiene zu bauen.
Aus fahrplanerischer Sicht sei ein Neubau in Burgau unumgänglich, um einen echten integrierten Taktfahrplan zu ermöglichen, sagt Veit Schmeißer, ein Mitglied des Fahrgastbeirates. Ziel sei, dass alle Züge aus allen Richtungen jede Stunde zur Minute 30 an dem Bahnhof halten, um Umstiege in alle Richtungen zu ermöglichen. Der Halbknoten ergebe sich aus den umliegenden Knotenbahnhöfen Erfurt, Gera, Saalfeld und Naumburg. „Die Fahrzeiten erlauben aber nicht einen längeren Aufenthalt in Göschwitz, um hier Anschlüsse herzustellen“, sagt Schmeißer. Der Knoten müsse rein von der Fahrzeit her nördlichvonGöschwitzliegen–also in Burgau. Auch könnten an einem verlängerten Hausbahnsteig in Jena-Göschwitz nicht vier Züge gleichzeitig halten, um schnelle Umstiege in alle Richtungen zu ermöglichen. Schmeißer sagt, dass sich die Eisenbahnanbindung für viele Orte in Ostthüringen nur dann verbessert, wenn ein zentraler Knoten in Jena geschaffen wird. „Und nur neue, attraktive Angebote locken die Menschen vom Auto in die Bahn.“
In der Tat geht Verkehrswissenschaftler Gather in seinem 21-seitigen Abschlussbericht nicht näher auf die Fahrplanentwürfe für den DeutschlandTakt ein. Der Professor der Fachhochschule Erfurt wehrt sich indes gegen die Vorwürfe. Er habe die Einschränkungen des Bahnhofs Jena-Göschwitz als Umsteigeknoten sehr wohl berücksichtigt. In dieser Kategorie bekommt er die Wertung „mittel“, Burgau hingegen „gut“.
„Mein Gesamturteil berücksichtigt aber neben dieser aus Fahrplansicht unbestrittenen Stärke und weiteren Chancen auch die Schwächen sowie die umfänglichen Risiken vor allem hinsichtlich Finanzierung und Stadtentwicklung, die ein Neubau in Burgau mit sich bringen würde“, sagt Gather. Er rät daher von deutlich intensiveren und kostspieligen vorbereitenden Untersuchungen für einen Hauptbahnhof in Burgau ab. Stattdessen empfehle er, die Kraft in die bestehenden Bahnhöfe Jenas zu investieren.