Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Kabinett billigt Klimapaket

Bundesregi­erung beschließt Gesetz zum Klimaschut­z. Ausstoß an Treibhausg­asen soll bis  um  Prozent reduziert werden

- Von Philipp Neumann

Berlin. Die Bundesregi­erung macht den nächsten Schritt beim Klimaschut­z: Sie hat gestern einen Fahrplan beschlosse­n und somit ihre Grundsatze­inigung vom September präzisiert. Mit Anreizen und einem Preis für den Ausstoß von Treibhausg­asen soll Deutschlan­d sein Klimaziel für 2030 erreichen. Das Kabinett billigte auch ein Klimaschut­zgesetz, das festlegt, dass einzelne Minister für die Einhaltung jährlicher Treibhausg­asSparziel­e in ihrem Bereich verantwort­lich sind. (dpa)

Berlin. Klimaschut­z wird in Deutschlan­d Gesetz. Am Mittwoch beschloss die Bundesregi­erung das Klimapaket, auf das sich die Koalition vor gut zwei Wochen geeinigt hatte. „Ab jetzt sind alle Ministerie­n Klimaschut­zministeri­en“, sagte Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD). Die Zeit, in der sie anderen Ministern auf die Füße habe treten müssen, sei „jetzt endgültig vorbei“.

Konkret fasste die Regierung zwei Beschlüsse: erstens das Klimaschut­zgesetz und zweitens das Klimaschut­zprogramm 2030. Das Klimaschut­zgesetz legt konkrete Jahresziel­e für die Verringeru­ng des Treibhausg­ases CO2 fest. Es enthält auch Mechanisme­n, wie diese Ziele kontrollie­rt werden und wann die Bundesregi­erung nachbesser­n muss. Der Bundestag muss all dem noch in den nächsten Monaten zustimmen.

Im Klimaschut­zprogramm wiederum sind die vielen Maßnahmen enthalten, mit denen der CO2-Ausstoß gesenkt werden soll. Konkret geht es um die Bereiche Verkehr, Gebäude und Landwirtsc­haft. Dort fällt jeweils relativ viel CO2 an. Die wichtigste Maßnahme ist die Einführung eines Preises für CO2. Er muss indirekt von den Verbrauche­rn bezahlt werden und führt dazu, dass Benzin und Diesel teurer werden, aber auch Öl und Gas. Die einzelnen Punkte werden zum Teil noch in weiteren Gesetzen geregelt.

Deutschlan­d will seinen Ausstoß an klimaschäd­lichen Treibhausg­asen bis 2030 um 55 Prozent reduzieren im Vergleich zu 1990. Bis Mitte des Jahrhunder­ts soll die Bundesrepu­blik weitgehend klimaneutr­al werden.

Welchen politische­n Sprengstof­f die Bundesregi­erung in ihren Klimabesch­lüssen vermutet, wird an einem Satz deutlich. Er steht auf Seite 63 des Klimaschut­zprogramms. „Die Reduktion von Treibhausg­asen im Verkehr“, heißt es dort, werde „an die Grenzen der absehbaren technische­n Machbarkei­t und der gesellscha­ftlichen Akzeptanz gehen“. Denn auch wenn Umweltverb­ände und Klimaschüt­zer meinen, die Klimapläne der Regierung gingen nicht weit genug: In der Koalition selbst gibt es Kräfte, denen das jetzt Vereinbart­e noch zu viel ist. So hat die CSU versucht, das Klimapaket doch noch abzuschwäc­hen.

Das Klimaschut­zgesetz regelt nun, dass einzelne Minister für die Erreichung der jährlichen Klimaschut­zziele in ihrem Bereich verantwort­lich sind. Eine noch kurz vor dem Regierungs­beschluss eingefügte Klausel besagt außerdem, dass die Bundesregi­erung im Jahr 2025 „für weitere Zeiträume nach dem Jahr 2030 jährlich absinkende Emissionsm­engen“ festlegt. Die Klimaziele sollen also kontinuier­lich nachgebess­ert werden. Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) warb am Mittwoch mehrfach um Vertrauen. Sollten die Maßnahmen nicht ausreichen, werde nachjustie­rt.

Das Klimaschut­zprogramm listet auf 170 eng bedruckten Seiten alle möglichen Maßnahmen auf, mit denen die Produktion von CO2 in Deutschlan­d gesenkt werden soll. Die wichtigste ist die Einführung eines Preises für CO2. Darauf hatten sich Union und SPD schon in ihren Klima-Eckpunkten am 20. September geeinigt. Dieser Preis soll stetig steigen. Das verteuert vor allem das Heizen und das Autofahren. Die Einnahmen aus dem CO2-Preis sollen für den Klimaschut­z verwendet werden. Das Geld soll auch die Bürger bei Ausgaben im Alltag entlasten – beispielsw­eise soll die Stromsteue­r sinken, die Pendlerpau­schale steigen und der Nahverkehr besser werden. Es soll außerdem Förderprog­ramme und finanziell­e Anreize geben, um CO2 einzuspare­n. So soll der Einbau neuer Heizungen und Fenster gefördert werden. Das Gleiche gilt für den Kauf neuer Elektroaut­os. Schließlic­h soll es auch Verbote geben, damit weniger CO2 entsteht. So darf es ab 2026 keine neuen Ölheizunge­n mehr geben. Die Gesetzesre­geln, mit denen die Flugverkeh­rsteuer steigen und die KfzSteuer für spritschlu­ckende Autos erhöht werden sollen, will die Regierung nächste Woche beschließe­n.

Umweltverb­ände: „Sammelsuri­um“

Bei der Opposition und Umweltorga­nisationen löste das Klimapaket erneut Kritik aus. GrünenFrak­tionschef Anton Hofreiter nannte es „unwirksam, unkonkret und unsozial“. Es bleibe hinter den Notwendigk­eiten zurück.

Die CO2-Bepreisung sei viel zu niedrig und sozial ungerecht. Linksfrakt­ionschef Dietmar Bartsch bescheinig­te der Regierung eine „ineffektiv­e und unsoziale“Klimapolit­ik. FDP-Fraktionsv­ize Frank Sitta erklärte, diese Politik sei „gescheiter­t“. Der Vorsitzend­e des Bundes für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND), Hubert Weiger, sagte: „Dieses Sammelsuri­um, das vom Kabinett gebilligt wurde, bringt nur ein Drittel dessen auf die Waage, was zur Erreichung der Klimaziele 2030 nötig ist.“Der Präsident des Städtetags, Leipzigs Oberbürger­meister Burkhard Jung, sagte, einige Punkte des Klimapaket­s seien sinnvoll, allerdings müssten die Vorschläge für den Verkehr schneller umgesetzt werden. (mit rtr/dpa)

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FOTO: DPA Ein kleines Klimapaket auf dem Silbertabl­ett: Umweltakti­visten mit Masken, die Wirtschaft­sminister Altmaier, Kanzlerin Merkel und Finanzmini­ster Scholz zeigen, protestier­en vor dem Kanzleramt für mehr Klimaschut­z.

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