Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Kabinett billigt Klimapaket
Bundesregierung beschließt Gesetz zum Klimaschutz. Ausstoß an Treibhausgasen soll bis um Prozent reduziert werden
Berlin. Die Bundesregierung macht den nächsten Schritt beim Klimaschutz: Sie hat gestern einen Fahrplan beschlossen und somit ihre Grundsatzeinigung vom September präzisiert. Mit Anreizen und einem Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen soll Deutschland sein Klimaziel für 2030 erreichen. Das Kabinett billigte auch ein Klimaschutzgesetz, das festlegt, dass einzelne Minister für die Einhaltung jährlicher TreibhausgasSparziele in ihrem Bereich verantwortlich sind. (dpa)
Berlin. Klimaschutz wird in Deutschland Gesetz. Am Mittwoch beschloss die Bundesregierung das Klimapaket, auf das sich die Koalition vor gut zwei Wochen geeinigt hatte. „Ab jetzt sind alle Ministerien Klimaschutzministerien“, sagte Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). Die Zeit, in der sie anderen Ministern auf die Füße habe treten müssen, sei „jetzt endgültig vorbei“.
Konkret fasste die Regierung zwei Beschlüsse: erstens das Klimaschutzgesetz und zweitens das Klimaschutzprogramm 2030. Das Klimaschutzgesetz legt konkrete Jahresziele für die Verringerung des Treibhausgases CO2 fest. Es enthält auch Mechanismen, wie diese Ziele kontrolliert werden und wann die Bundesregierung nachbessern muss. Der Bundestag muss all dem noch in den nächsten Monaten zustimmen.
Im Klimaschutzprogramm wiederum sind die vielen Maßnahmen enthalten, mit denen der CO2-Ausstoß gesenkt werden soll. Konkret geht es um die Bereiche Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft. Dort fällt jeweils relativ viel CO2 an. Die wichtigste Maßnahme ist die Einführung eines Preises für CO2. Er muss indirekt von den Verbrauchern bezahlt werden und führt dazu, dass Benzin und Diesel teurer werden, aber auch Öl und Gas. Die einzelnen Punkte werden zum Teil noch in weiteren Gesetzen geregelt.
Deutschland will seinen Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen bis 2030 um 55 Prozent reduzieren im Vergleich zu 1990. Bis Mitte des Jahrhunderts soll die Bundesrepublik weitgehend klimaneutral werden.
Welchen politischen Sprengstoff die Bundesregierung in ihren Klimabeschlüssen vermutet, wird an einem Satz deutlich. Er steht auf Seite 63 des Klimaschutzprogramms. „Die Reduktion von Treibhausgasen im Verkehr“, heißt es dort, werde „an die Grenzen der absehbaren technischen Machbarkeit und der gesellschaftlichen Akzeptanz gehen“. Denn auch wenn Umweltverbände und Klimaschützer meinen, die Klimapläne der Regierung gingen nicht weit genug: In der Koalition selbst gibt es Kräfte, denen das jetzt Vereinbarte noch zu viel ist. So hat die CSU versucht, das Klimapaket doch noch abzuschwächen.
Das Klimaschutzgesetz regelt nun, dass einzelne Minister für die Erreichung der jährlichen Klimaschutzziele in ihrem Bereich verantwortlich sind. Eine noch kurz vor dem Regierungsbeschluss eingefügte Klausel besagt außerdem, dass die Bundesregierung im Jahr 2025 „für weitere Zeiträume nach dem Jahr 2030 jährlich absinkende Emissionsmengen“ festlegt. Die Klimaziele sollen also kontinuierlich nachgebessert werden. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) warb am Mittwoch mehrfach um Vertrauen. Sollten die Maßnahmen nicht ausreichen, werde nachjustiert.
Das Klimaschutzprogramm listet auf 170 eng bedruckten Seiten alle möglichen Maßnahmen auf, mit denen die Produktion von CO2 in Deutschland gesenkt werden soll. Die wichtigste ist die Einführung eines Preises für CO2. Darauf hatten sich Union und SPD schon in ihren Klima-Eckpunkten am 20. September geeinigt. Dieser Preis soll stetig steigen. Das verteuert vor allem das Heizen und das Autofahren. Die Einnahmen aus dem CO2-Preis sollen für den Klimaschutz verwendet werden. Das Geld soll auch die Bürger bei Ausgaben im Alltag entlasten – beispielsweise soll die Stromsteuer sinken, die Pendlerpauschale steigen und der Nahverkehr besser werden. Es soll außerdem Förderprogramme und finanzielle Anreize geben, um CO2 einzusparen. So soll der Einbau neuer Heizungen und Fenster gefördert werden. Das Gleiche gilt für den Kauf neuer Elektroautos. Schließlich soll es auch Verbote geben, damit weniger CO2 entsteht. So darf es ab 2026 keine neuen Ölheizungen mehr geben. Die Gesetzesregeln, mit denen die Flugverkehrsteuer steigen und die KfzSteuer für spritschluckende Autos erhöht werden sollen, will die Regierung nächste Woche beschließen.
Umweltverbände: „Sammelsurium“
Bei der Opposition und Umweltorganisationen löste das Klimapaket erneut Kritik aus. GrünenFraktionschef Anton Hofreiter nannte es „unwirksam, unkonkret und unsozial“. Es bleibe hinter den Notwendigkeiten zurück.
Die CO2-Bepreisung sei viel zu niedrig und sozial ungerecht. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch bescheinigte der Regierung eine „ineffektive und unsoziale“Klimapolitik. FDP-Fraktionsvize Frank Sitta erklärte, diese Politik sei „gescheitert“. Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, sagte: „Dieses Sammelsurium, das vom Kabinett gebilligt wurde, bringt nur ein Drittel dessen auf die Waage, was zur Erreichung der Klimaziele 2030 nötig ist.“Der Präsident des Städtetags, Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung, sagte, einige Punkte des Klimapakets seien sinnvoll, allerdings müssten die Vorschläge für den Verkehr schneller umgesetzt werden. (mit rtr/dpa)