Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Hinten raus geht die Puste aus

Fußball: Junge Nationalel­f wird gegen Argentinie­n für mäßige zweite Halbzeit noch mit dem : bestraft

- Von Kai Schiller, Marian Laske und Sebastian Weßling

Dortmund. Als Schiedsric­hter Clément Turpin nach zwei komplett unterschie­dlichen Halbzeiten und insgesamt 92 Minuten abpfiff, war die Stimmungsl­age bei den 45.197 Zuschauern im Dortmunder Signal-Iduna-Park und den 22 Herren auf dem Rasen durchaus gemischt. 2:2 endete die Neuauflage des WM-Finales von 2014, was zumindest ein Großteil der deutschen Mannschaft eher mit einem reflexarti­gen Kopfschütt­eln quittieren sollte.

Vor der Partie war allerdings zunächst weniger von den anwesenden als viel mehr von den abwesenden Spielern die Rede. Besonders, als kurz vor dem Anpfiff auch noch bekannt wurde, dass mit Hertha-Innenverte­idiger Niklas Stark der 14. (!) Elitefußba­ller ausfallen würde. Magen-Darm-Probleme lautete die Diagnose, die nach der Absagenflu­t der vergangene­n Tage zur Gemütsstim­mung Joachim Löws („Die Grenze der Belastbark­eit ist erreicht“) passte. Die Abwesenhei­tsliste der Argentinie­r konnte da nummerisch zwar nicht ganz mithalten, las sich dafür aber wie eine Vorschlags­liste zur Wahl des Weltfußbal­lers. Kein Lionel Messi. Kein Gonzalo Higuain. Kein Angel di Maria. Und auch kein Sergio Agüero.

Je elf dienstfähi­ge Fußballer haben beide Nationalma­nnschaften dann aber doch noch gefunden. Und die erste große Überraschu­ng des Spiels: Obwohl Joachim Löw mit Niklas Süle und dem nachnomini­erten Freiburger Robin Koch lediglich noch zwei gesunde Innenverte­idiger zur Verfügung hatte, vollbracht­e der Bundestrai­ner dennoch das Kunststück, in der Abwehr auf eine Fünferkett­e zu setzten. Juventus Turins etatmäßige­r Mittelfeld­mann Emre Can rückte ausnahmswe­ise in Deutschlan­ds Abwehrzent­rum.

Wer nun aber dachte, dass Löws auf dem Papier ultradefen­sive 5-4-1-Anordnung ausschließ­lich auf das Zerstören aus war, der irrte. Und zwar ganz gewaltig. Es dauerte lediglich ein Viertelstü­ndchen, ehe die Vorgabe des Bundestrai­ners, aus einer kompakten Abwehr blitzschne­ll umzuschalt­en und La albicelest­e überfallar­tig zu überrasche­n, erstmals umgesetzt wurde. Dabei durfte Julian Brandts Großchance nach knapp 15 Minuten durchaus als Warnschuss verstanden werden.

Was folgte, waren trotz der Verletzten­misere die wahrschein­lich besten sechs Länderspie­l-Minuten des Jahres. Den Anfang machte Serge „Wer denn sonst?“Gnabry, der sich nach famoser Vorarbeit Lukas Klosterman­ns über seinen zehnten Länderspie­ltreffer im elften DFB-Einsatz freuen durfte. Zwei weitere Chancen (Gnabry/17. und Koch/18.) später war es dann der zuletzt viel gepriesene Kai Havertz, der das formidable Sechs-MinutenPow­erplay nach erneuter TopVorbere­itung durch Klosterman­n und Gnabry vollendete.

2:0 nach 22 Minuten – wer hätte das gedacht? Und zur ganzen Wahrheit gehörte auch, dass die Stadionreg­ie fast noch ein drittes Mal in der ersten Halbzeit den 20 Jahre alten TechnoHit „Kernkraft 400“von Zombie Nation, der seit Kurzem als sogenannte­r Tor-Jingle der deutschen Mannschaft fungiert, hätte einspielen müssen. Doch weil Marcel Halstenber­g nur das Lattenkreu­z traf (31.) und der wieder einmal herausrage­nde Gnabry knapp vorbei zielte (45.), blieb es bis zum Pausenpfif­f vorerst beim gnädigen 2:0.

Und die Argentinie­r? Boten eine Mischung aus Nichts und Nada. Rodrigo de Paul traf einmal den Pfosten. Und Manchester Uniteds Marcos Rojo durfte sich immerhin darüber freuen, letzter verblieben­er Zeitzeuge des WM-Finales von 2014 auf dem Platz zu sein.

Weder das eine noch das andere reichten aus, Lokalmatad­or Roman Weidenfell­er nachhaltig zu beeindruck­en. Der frühere BVB-Torhüter, dessen Meinung in der Halbzeitpa­use gefragt war, unterstric­h viel mehr „den spritzigen Fußball“und „die klasse Leistung der jungen deutschen Mannschaft“.

Lediglich Jürgen Klinsmann wollte dem Braten in der Halbzeitpa­use noch nicht trauen. Beim Haussender RTL warnte der Ex-Bundestrai­ner, dass man die Argentinie­r noch nicht abschreibe­n dürfe. „Das wird noch eine ganz heiße zweite Hlabzeit“, orakelte Klinsmann – und sollte trotz einer weiteren Großchance durch Can (55.) recht behalten.

Leverkusen­s Lucas Alarìo brauchte nach seiner Einwechslu­ng nach einer guten Stunde nicht einmal fünf Minute, ehe er es dank eines sehenswert­en Kopfballs zum 1:2 noch einmal spannend machte (66.). Doch weil eben jener abgezockte­r Alarìo sich bei seinen Chancen Nummer zwei (78.) und drei (79.) als dann doch nicht ganz so abgezockt erwies, blieb es beim 2:1. Vorerst. Denn in Sachen Abgezockth­eit wollte der ebenfalls eingewechs­elte Lucas Ocampos dann auch noch ein Wörtchen mitreden – und hielt Wort. Per Direktabna­hme traf der Sevilla-Legionär zum 2:2.

 ?? FOTO: LARS BARON ?? Stürmer Serge Gnabry vom FC Bayern München brachte Deutschlan­d mit : in Führung. Doch auch das spätere : durch Kai Havertz,was Gnabry vorbereite­te, sollte schlussend­lich nicht zum Sieg im Freundscha­ftsspiel reichen.
FOTO: LARS BARON Stürmer Serge Gnabry vom FC Bayern München brachte Deutschlan­d mit : in Führung. Doch auch das spätere : durch Kai Havertz,was Gnabry vorbereite­te, sollte schlussend­lich nicht zum Sieg im Freundscha­ftsspiel reichen.

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