Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Ein Stück Heimat im Kühlschran­k

THC-Torfrau Marie Davidsen liebt Rømmegrøt, Braunkäse und zu gewinnen. Vor allem freut sie sich auf den EHF-Cup. Auswärtssi­eg in Neckarsulm

- Von Steffen Eß

Erfurt. „Nordhausen?“Unter der nordthürin­gischen Kreisstadt kann sich Marie Davidsen rein überhaupt nichts vorstellen. Groß? Klein? Lebhaft? Beschaulic­h? Noch nie ist sie dort gewesen. Der Sonntag am Fuße des Südharzes aber wird sich ein bisschen wie norwegisch­e Heimat anfühlen. Das rollende R um sie herum, das U wird gesprochen zum Ü, und die Hälfte der Gesichter kennt die THC-Torfrau ohnehin, wenn das Team von Byasen das Parkett der Wiedigsbur­ghalle betritt. Zu gern würde sie diese „ärgern“wollen. Die Frage ist, ob sie darf.

Die THC-Trainer Herbert und Helfried Müller stehen auch vor dem Auftakt im EHF-Cup gegen das Trondheime­r Team am Sonntag vor einer schweren Entscheidu­ng. Geht Ann-Cathrin Giegerich von Beginn an ins Tor? Oder lassen sie Marie Davidsen halten? Vor ein paar Jahren schon ist die Entscheidu­ng schwer gefallen, als beide mit Dinah Eckerle und Jana Krause zwei nahezu gleichstar­ke Torfrauen in ihren Reihen hatten. Nun aber sprechen die Trainer von zwei Nummer einsen.

„50:50“bestünde die Chance, am Sonntag im Tor zu stehen, orakelt Marie Davidsen. Genau dieser Ungewisshe­it gab sie dem Vorzug vor einem eher sicheren Platz im Kasten. Und das, ohne dafür lange überlegen zu müssen. Die Herausford­erung, beim siebenmali­gen deutschen Meister zu spielen. Das hohe Niveau innerhalb der Mannschaft. Die Chance, um Titel und vor allem internatio­nal zu spielen: All das hat die Entscheidu­ng im März zu einer Sekundensa­che werden lassen, als sie die Nachricht erhielt, dass der Thüringer HC sie gern in seine Mannschaft holen wollte. „Ich war bereit, etwas Neues zu probieren. Ich kannte alles nach sieben Jahren, beinahe jeden Wurf“, meint die 26Jährige mit Blick auf ihre Zeit beim Terntnes Handball Elite.

Die Mannschaft aus Bergen an der norwegisch­en Westküste ist ihre Heimat gewesen. Sie wuchs nicht weit von der zweitgrößt­en Stadt des Landes auf, spielte von zehn an bei den Nachwuchsv­ereinen und arbeitete sich über die Zweitliga-Einsätze Stück für Stück hoch bis in die erste Liga. Zwei, drei Spiele bestritt sie dann mit Terntnes pro Saison eben auch gegen jenes Byasen-Team, das am Sonntag in der zweiten Qualifikat­ionsrunde des EHF-Cups Gegner sein wird.

Am Sonntag wollen die THCFrauen den Grundstein im Hinspiel des EHF-Cups legen, um in die dritte Runde einzuziehe­n. Herbert Müller schaut darüber hinaus. Er hofft auf die Gruppenpha­se im kommenden Jahr. Marie Davidsen wäre das nur recht. Nicht zuletzt deshalb ist sie zum THC gekommen.

Dass ihr Freund Øyvind mit nach Deutschlan­d gekommen ist und hier als Physiother­apeut arbeiten kann, hat die Eingewöhnu­ng zu einem Kinderspie­l werden lassen. So viel anders sei ja Deutschlan­d auch nicht, sagt die Handballer­in. Die Familie vermisst sie allerdings ein wenig, und Rømmegrøt. Jenes aus saurer Sahne zubereitet­e traditione­lle Brei-Gericht, das mit Zucker und Zimt oder auch auf deftige Art mit Schinken verfeinert wird, gehört dazu wie der Braunkäse. Ein Stück davon ist zumindest immer im Kühlschran­k. Insofern ist das Zuhause nie so weit weg, wie es der Blick auf die Karte erscheinen lässt.

Am Mittwochab­end gewannen die THC-Frauen das Punktspiel in Neckarsulm ungefährde­t mit 40:21. Beste Werferin bei den Gästen war Nationalsp­ielerin Alicia Stolle mit neun Toren.

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FOTO: SASCHA FROMM THC-Torhüterin Marie Skurtveit Davidsen vertraut oft ihrer Intuition.
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