Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Meine liebe Rabenmutte­r

Elton John schildert in seinen Memoiren verpatzte Familienfe­iern und eine Fast-Schlägerei um Prinzessin Diana

- Von Oliver Stöwing

Berlin. Wenn Elton John beschriebe­n wird, dann fehlen meist die Begriffe „Paradiesvo­gel“und „schrill“nicht. Was ja nur bedeutet, dass der britische Popstar niemals langweilt. Kostüme wie ein außer Kontrolle geratenes Drogenexpe­riment, Diva-Allüren, die ganze Hotel-Personalst­äbe ihren Job verfluchen ließen, und eine Zunge scharf wie ein Skalpell – der heute 72Jährige bot immer Stoff. Folgericht­ig, dass er sich auch in seiner ersten Autobiogra­fie nicht zurückhält. „Ich“erscheint am 15. Oktober.

Damit hat John zunächst einmal die alte Regel „Erst das Buch, dann der Film“auf den Kopf gestellt. Eine kluge Strategie: Im Fahrwasser des gerade abgefeiert­en Kino-Musicals „Rocketman“über sein Leben erhalten auch seine Memoiren maximale Aufmerksam­keit.

In seinem Buch, das verraten Auszüge, schont John niemanden, sich selbst nicht (Partyexzes­se, Esssucht, Wutausbrüc­he), aber auch andere nicht. Schon gar nicht seine Mutter Sheila, die 2017 gestorben ist. Das Verhältnis der beiden war zeitlebens komplizier­t. Sie neigte laut John zu „üblen Launen, vor denen ich schon als Kind Angst hatte. Ich selbst hatte diese Veranlagun­g zum Eingeschna­pptsein teilweise geerbt“, gesteht er ein. „Mit dem entscheide­nden Unterschie­d, dass ich in der Regel schnell wieder zur Vernunft kam. Spätestens wenn mir klar wurde, dass ich mich nicht nur wie ein Idiot, sondern wie meine Mutter verhielt.“Seine Mutter jedoch „schien niemals Reue zu empfinden“. Besonders sei sie auf Johns Lebensgefä­hrten David Furnish eifersücht­ig gewesen. Als die beiden ihre Partnersch­aft in einer Zeremonie besiegelte­n, habe sie sich wie eine „übergeschn­appte Soziopathi­n“benommen. „Als David und ich unser Gelübde ablegten, quatschte sie lautstark drauflos, nörgelte über die Location, und dass sie sich nicht vorstellen könne, an einem solchen Ort zu heiraten.“Und weiter: „Als die Trauzeugen die Urkunde unterschre­iben sollten, setzte sie ihren Namen unter das Dokument, fauchte ‚So, erledigt‘, knallte den Stift auf den Tisch und marschiert­e hinaus.“

Bis kurz vor ihrem Tod brachte sie John auf die Palme, etwa, als sie zu ihrem 90. Geburtstag einen Elton-John-Imitator auftreten ließ.

Freundlich­ere Worte findet er für seine langjährig­e Freundin, Prinzessin Diana. „Ich war von Diana überwältig­t, aber das war gar nichts verglichen mit dem Eindruck, den sie auf heterosexu­elle Männer machen konnte. Sie schienen in ihrer Gegenwart völlig den Verstand zu verlieren.“Als er für Filmboss Jeffrey Katzenberg eine Dinnerpart­y ausrichtet­e, buhlten sowohl Richard Gere als auch Sylvester Stallone um die frisch getrennte Prinzessin. Nachdem Gere das Rennen zu machen schien, forderte Stallone ihn zu einer Schlägerei auf und rauschte dann mit den Worten „Hätte ich sie haben wollen, dann hätte ich sie mir genommen!“ab. Doch auch mit Diana verkrachte der Musiker sich. Sie nahm ihre Zusage zurück, ein Vorwort für einen Bildband des Modeschöpf­ers Gianni Versace zu schreiben. Dabei sollte mit dem Verkauf Johns Stiftung gegen Aids unterstütz­t werden. Offenbar fürchtete Diana wegen der sexy Aufnahmen um ihren Ruf. Auf seinen vorwurfsvo­llen Brief erhielt John ein knappes Antwortsch­reiben – darin siezte Diana ihren alten Freund.

„Sie schien den Kontakt zu allen möglichen nahen Freunden zu verlieren, die (...) ehrlich zu ihr waren“, so John. „Stattdesse­n umgab sie sich mit Leuten, die ihr sagten, was sie hören wollte, oder die ihr zuhörten und nickten, wenn sie ihnen eine ihrer eher paranoiden Theorien unterbreit­ete, die sie seit ihrer Scheidung über die Königliche Familie entwickelt hatte.“

Doch John geht auch mit sich selbst ins Gericht und schildert seinen Tiefpunkt: Als er 1983 an der Côte d’Azur sein Video zu „I’m Still Standing“drehte, feierte er in der Hotelbar mit der Popband Duran Duran, trank Wodka Martini und schnupfte Kokain. „Dann ging ich zurück zum Videoset und verlangte, die Kameras laufen zu lassen, zog mich komplett aus und rollte mich nackt über den Boden.“Er begann, Leute aus seiner Crew zu schlagen, und brach schließlic­h im Hotelzimme­r zusammen.

Die Notbremse zog John nach diesem Vorfall erstaunlic­herweise immer noch nicht: „Dieser Tag hätte mich dazu bringen sollen, ausführlic­h über mein Verhalten nachzudenk­en. Aber ich tat natürlich nichts dergleiche­n. Der wesentlich­e Einfluss, den die Geschehnis­se von Nizza auf mein Leben hatten, war – Sie werden es nicht glauben – meine Entscheidu­ng, künftig noch mehr Wodka Martini zu trinken.“

Prinzessin Diana wurde zunehmend „paranoid“

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FOTO: IMAGO STOCK Musiker Elton John im Mai in Cannes bei der Premiere des Musical-Films „Rocketman“über sein Leben.
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FOTO: DPA / PA Elton John (r.)  mit Prinzessin Diana.
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FOTO: ELTON JOHN FAMILY COLLECTION Der kleine Elton mit Mutter Sheila.

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