Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

DGB fordert stärkeren Arbeitssch­utz

Zahl der Kontrollen in Thüringer Betrieben stark rückläufig. Grund ist die dünne Personalde­cke bei Aufsichtsb­ehörden

- Von Sibylle Göbel

Erfurt. Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) HessenThür­ingen beklagt, dass in Thüringen die Zahl der Kontrollen durch die Arbeitssch­utzaufsich­t deutlich gesunken ist: Hätten 2002 noch 12.560 Kontrollen zu Buche gestanden, seien es 2017 nur noch 3511 gewesen – mithin 9049 (72 Prozent) weniger. Die Gewerkscha­ft begrüßt es deshalb, dass die rot-rot-grüne Landesregi­erung mit dem Landeshaus­halt 2020 beschlosse­n hat, den Arbeitssch­utz personell wieder zu stärken.

Denn der Personalab­bau im Bereich des Arbeitssch­utzes sei für die Beschäftig­ten gefährlich, weil viele Betriebe den Arbeitssch­utz vernachläs­sigten: Baustellen seien nicht genügend gesichert, Schutzklei­dung fehle, Arbeits- und Lenkzeiten würden überschrit­ten, zudem Druck und Stress zunehmen.

Derzeit liege die Personalau­sstattung der Thüringer Arbeitssch­utzaufsich­t deutlich unter der Zielmarke der Internatio­nalen Arbeitsorg­anisation. Diese sehe pro 10.000 Beschäftig­te eine Aufsichtsp­erson vor. „Das ist ein Witz“, sagt Michael Rudolph, Vorsitzend­er des DGB Hessen-Thüringen. In Thüringen solle ein Arbeitssch­utzinspekt­or derzeit im Schnitt 15.273 Beschäftig­te betreuen. Damit stehe der Freistaat im Bundesverg­leich, wo die Relation bei einem Arbeitssch­utzinspekt­or je 23.201 Beschäftig­te liege, zwar noch gut da, dennoch müsse der geplante Personalzu­wachs unbedingt kommen und auch verstetigt werden.

Thüringens Sozialmini­sterin Heike Werner (Linke) hatte Ende September bekannt gegeben, dass im vergangene­n Jahr in Thüringen neun Menschen bei Arbeitsunf­ällen ums Leben gekommen waren – fünf weniger als 2017. Besonders gefährdet seien Bauleute: Vier der tödlichen Arbeitsunf­älle hätten sich mit schweren Maschinen oder bei Stürzen aus großen Höhen auf Baustellen ereignet, auch 13 der 40 schweren Arbeitsunf­älle seien in Baubetrieb­en passiert.

Insgesamt hätten die Arbeitssch­utzbehörde­n im Freistaat im Vorjahr 7434 Arbeitsunf­älle registrier­t – etwa 1200 weniger als 2017. Die Zahl der Prüfungen in den Betrieben gab die Ministerin allerdings mit rund 8300 (2018) an – fast eine Halbierung im Vergleich zu 2009.

Dass die Zahl der Kontrollen so stark abgenommen hat, begründete Werner zum einen mit der zunehmende­n Komplexitä­t der Prüfungen, zum anderen mit der dünnen Personalde­cke. Deshalb wolle das Land 2020 zwei zusätzlich­e Stellen schaffen. „Es muss wieder mehr Kontrollen geben“, sagte die Ministerin, die Arbeitnehm­er auch ausdrückli­ch dazu ermunterte, Missstände in Unternehme­n anzuzeigen – auch anonym.

Der DGB fordert in seinem Personalre­port 2019, dass der öffentlich­e Dienst „endlich wieder seiner Vorbildrol­le gerecht werden muss“.

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FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA  Arbeitsunf­älle verzeichne­te der Freistaat . Der DGB fordert mehr Kontrollen in Betrieben und auf Baustellen.

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