Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Die Kamele am Strand von Salalah
Der Süden des Sultanats Oman lockt mit Kultur, Tradition und feinsandiger Küste am Arabischen Meer – und einer aufregenden Tierwelt
Das größte Plus des Landes liegt gleich vor der Tür, zumindest das offensichtlichste: kilometerlanger, feinster weißer Sandstrand, der sanft in das azurblaue Arabische Meer übergeht. Unterbrochen nur von einzelnen Felsen, in deren Spalten die Krebse zurückhuschen, wenn Hotelgäste ins Wasser gehen. Das Kairaba Mirbat Resort hat hier Liegen aufgestellt, doch sie verlieren sich in der Weite des Strandes.
„Die meisten unserer Gäste genießen Strand und Pool und erholen sich“, erzählt Bert Plas, Direktor des Fünf-SterneHotels an der Mirbat-Bucht. Dabei gäbe es so viel zu entdecken, hier im Süden des Sultanats Oman: die Festungen von Mirbat beispielsweise, beeindruckende Schluchten, das Unesco-Weltkulturerbe Khor Rori, eine ausgegrabene Stadt an der Mündung des Wadi Darbat, die Süßwasserlagunen mit ihrem Vogelreichtum oder die Ausgrabungsstätte Al Baleed. Das Gebiet vor dem Hotel gilt zudem als eines der besten Tauchreviere der Region.
Ziemlich genau 1000 Kilometer Wüste liegen zwischen der omanischen Hauptstadt Maskat im Norden und der zweitgrößten Stadt des Landes, Salalah. Vielleicht ist es das Weiß des Sandes oder es sind die hellen, kastenförmigen Häuser, die der Metropole im Süden den Beinamen „die Strahlende“beschert haben. Hinter den Häusern und einer fruchtbaren Ebene erhebt sich gut sichtbar das faltige Massiv der Qaraberge, das sich an der Küste entlangzieht.
Seit Sultan Qabus bin Said Al-Said 1970 als 29-Jähriger seinen rückwärtsgewandten Vater vom Thron stürzte, hat er das Land vom Mittelalter in die Moderne katapultiert. Er investierte das Geld aus dem Erdölhandel und ließ sein Volk am Wohlstand teilhaben. Jeder Omaner bekommt mit 21 Jahren ein Grundstück vom Staatschef geschenkt, Frauen seit 2009 ebenfalls. Qabus ist zwar ein absoluter Herrscher, in der Bevölkerung aber ungeheuer beliebt. Er gilt als liberaler Moslem, ließ Schulen im Land errichten, die erstmals auch Mädchen besuchen durften. 1986 wurde die erste Universität eröffnet – der Anteil der weiblichen Studierenden ist hoch. Liberale Gesetze ermöglichen den Frauen einen beruflichen Aufstieg, wie er in den meisten orientalischen Ländern nicht denkbar wäre.
Raya Muslem Obaid Al Alawi empfängt zu Hause. Die 42-Jährige ist als Reiseleiterin in Salalah tätig. Tatsächlich ist sie die einzige Frau in der rund 100-köpfigen Truppe der örtlichen Touristenführer – und darauf stolz. Raya trägt Hidschab, eine Art Kopftuch, das das Gesicht frei lässt, und ein schwarzes kleidartiges Übergewand, eine Abaya. Während Raya erzählt, wird deutlich: Alles, was sie wollte, musste sie sich erkämpfen. Und dabei standen ihr oft nicht die Gesetze im Weg, sondern die Tradition und die ungeschriebenen Regeln der Familie. Auch als sie als Reiseführerin anfangen wollte, erhielt sie zunächst keine Genehmigung. „Da bin ich hingegangen und habe gesagt: Ich habe studiert und will arbeiten.“So wurde sie Touristenführerin. Inzwischen hat das Ministerium sie als beste Reiseführerin der Region ausgezeichnet.
Im Juli wird Salalah zur Oase Arabiens
Bei allen Fortschritten: Gleichheit gibt es für Frauen im Oman nicht. Sie dürfen sich scheiden lassen, doch bekommen anschließend keinen
Unterhalt; der
Mann behält das Sorgerecht für die Kinder. Dennoch ist Raya überzeugt: „Wir haben alle Rechte, müssen sie aber durchsetzen, besonders gegen unsere Brüder.“
Traditionell ist Rayas Heimat vor allem bei Arabern beliebt. Während der Monsunzeit ab Juli kommen so viele arabische Besucher nach Salalah, dass sich die Zahl der Einwohner von rund 200.000 verdoppelt. In dieser Zeit wird die Region zur kühlen Oase Arabiens. Wenn sich im Sommer die Gluthitze mit Temperaturen jenseits der 40 Grad über die Arabische Halbinsel legt, beschert der Monsun der Region um Salalah mit feinem Sprühregen Tagestemperaturen von 25 Grad. Sommerfrische für reiche Araber.
So ist Salalah längst ein touristisches Zentrum, das Europäer zunehmend entdecken. Strandurlaub im Oman lässt sich gut verbinden mit ein paar Tagen Shopping in Dubai, das eineinhalb Flugstunden entfernt ist. Anders als die Dubaier lassen es die Omaner allerdings ruhig angehen und entwickeln Land und Tourismus in moderatem Tempo. Der Oman will keinen Massentourismus, sondern Qualität und ein gehobenes Publikum.
Als sich die Sonne am späten Nachmittag neigt, stauen sich die Autos auf der Schnellstraße entlang der Küste. Eine Herde Kamele zieht durch die Wüstensteppe; stoisch überqueren die Tiere die vierspurige Asphaltpiste. Sie haben den Tag am Strand verbracht, ziehen jetzt zurück. Die Fahrer warten geduldig. Das gehört zum Alltag in diesem Land, das trotz aller Modernität noch archaisch anmutet.