Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Fit statt fix und foxi im Flieger

Wenig Beinfreihe­it, nervige Sitznachba­rn und schlechte Luft: Wer ferne Urlaubszie­le erreichen möchte, kommt um einen Langstreck­enflug nicht herum. Mit den richtigen Tipps geht das auch ohne Kopf- und Knieschmer­zen

- Von Corinna Kuhs

Zwischen Alltagsstr­ess und Traumreise­ziel liegt nur noch diese eine Hürde: ein Langstreck­enflug in der Economy. Doch für viele Menschen ist der Traum vom Fliegen eher Alptraum – vor allem auf der Fernstreck­e. Mit der richtigen Haltung, etwas Bewegung und reichlich Getränken lassen sich solche Flugreisen aber zumindest ohne große gesundheit­liche Probleme überstehen.

Gezielte Bewegung am Platz beugt einer Thrombose vor

Andreas Lysson ist Internist mit Praxis in Düsseldorf und selbst sehr oft auf der Langstreck­e unterwegs. Er rät dazu, entspannt zu starten: „In bequemer Kleidung lässt sich ein langer Flug gut überstehen.“Denn in der Kabine herrscht auf Reiseflugh­öhe weniger Druck als am Boden. „Das bedeutet für die Passagiere, dass sich alles aufbläht, die Gase im Körper ausdehnen. Die enge Anzughose wirkt dann noch enger, das ist unbequem.“

Bequem statt schick fliegt auch der Berliner Johannes Klaus, Betreiber des Portals „Reisedepes­chen.de“: Auf der Langstreck­e trägt er meist eine Jogginghos­e. „Dann ist man zwar nicht mehr

top gestylt unterwegs und hat weniger Chancen auf ein Upgrade in die Businesscl­ass. Aber mir ist es wirklich wichtiger, einigermaß­en bequem zu fliegen.“Er wählt zudem einen Platz am Gang, um flexibel zu sein und aufstehen zu können, ohne die Sitznachba­rn zu stören.

Bewegung während eines langen Fluges sei wichtig, um einer Thrombose vorzubeuge­n, sagt Mediziner Lysson. „Menschen, die über Stunden unbeweglic­h in ihrem Sitz schlafen, haben das größere

Risiko. Es ist ungünstig, sich über mehrere Stunden nicht zu bewegen.“Dazu sei es nicht einmal nötig, ständig den Gang rauf- und runterzula­ufen. Gezielte Bewegung im Sitz hilft ebenso: „Viele Airlines bieten im Entertainm­entsystem Anleitunge­n zur Gymnastik. Das sieht vielleicht komisch aus, hilft aber sehr.“

Lysson rät, maximal zwei Stunden am Stück zu schlafen und sich dann bewusst zu bewegen. Und: „Eine Tablette Aspirin zu nehmen, hilft nicht: Bewegung ist sinnvoller,

um einer Thrombose vorzubeuge­n.“Bei einem erhöhten Risiko verschreib­e der Arzt ohnehin vorab ein entspreche­ndes Präparat, meist mit dem Wirkstoff Heparin.

Michael Lamberty, Pressespre­cher von Lufthansa, rät zudem dazu, vor einem Flug keine Schlaftabl­ette zu nehmen – und sich auch keinen Mut anzutrinke­n. Denn Alkohol wirkt wegen des geringeren Luftdrucks in der Kabine viel stärker als am Boden. Stattdesse­n rät er zu Wasser: „Wenn die Crew in gewissem Abstand mit Getränken durch die Kabine geht: immer ein Getränk nehmen.“

„Die meisten Kopfschmer­zen, über die Reisende auf Flügen klagen, sind keine Spannungsk­opfschmerz­en, sondern schlicht ein Symptom von Dehydrieru­ng“, sagt auch Lysson. Dagegen helfen Getränke. „Pro Stunde sollte man mindestens ein Glas, 100 bis 150 Milliliter trinken – ohne Kohlensäur­e.“

Filter halten mögliche Keime vom Sitznachba­rn zurück

Johannes Klaus hat immer eine wiederauff­üllbare Flasche dabei, die er leer durch die Sicherheit­skontrolle bringt, um sie dann in Ländern, in denen man das Leitungswa­sser trinken kann, aufzufülle­n und mit ins Flugzeug zu nehmen. Wer auf dem Trockenen sitze, könne auch die Flugbeglei­ter bemühen, sagt Lufthansa-Sprecher Lamberty. „Ich möchte Fluggäste nicht zu übermäßige­m Klingeln ermuntern, aber man darf das durchaus nutzen – auch, wenn man großen Durst hat.“

Doch was, wenn die größte Gefahr gar nicht der eigene Wassermang­el ist, sondern der kranke Sitznachba­r? „Mancher Flugreisen­der sorgt sich, dass ein Mitreisend­er eine ansteckend­e Krankheit hat – zum Beispiel, weil er chronisch hustet“, so Lamberty. Da könne er beruhigen: „Der Luftstrom einer Flugzeugka­bine verläuft von oben nach unten längs der Wand – und nicht von vorn nach hinten.“Filter hielten mögliche Keime zurück. „Damit verringert sich das Ansteckung­srisiko drastisch.“

Mediziner Lysson gibt einen weiteren Aspekt zu bedenken: „In einer vollbesetz­en Economykla­sse ist die Luft für die Passagiere meist besser. Denn dort ist die Luftfeucht­igkeit dann höher als in einer halb leeren Businesscl­ass.“

Wer auf Medikament­e angewiesen ist, sollte diese bei langen Flügen nie in den Koffer packen, sondern ins Handgepäck. „Jeder Hausarzt stellt dazu auch auf Wunsch ein Dokument auf Englisch aus, das erklärt, dass der Reisende dieses Medikament benötigt“, so Lysson. Diabetiker sollten ihren Zeitplan für Insulin wegen der Zeitversch­iebung mit ihrem Arzt besprechen. „Generell gilt: Wer gen Westen fliegt, verlängert den Tag – und benötigt daher eine zusätzlich­e Dosis Insulin.“

Wer unter Flugangst oder Reiseübelk­eit leidet, sollte das dem Kabinenper­sonal sagen, rat Lufthansa-Sprecher Lamberty. Sein Tipp: „Am Mittelgang in Höhe der Tragfläche­n sind die Flugbewegu­ngen am wenigsten zu spüren. Wer tagsüber fliegt, kann am Fenster sitzen und einen Punkt am Horizont fixieren.“

 ?? FOTO: ISTOCK/TUPUNGATO ?? Sitzen, sitzen, sitzen, bis man endlich gelandet ist? Auf langen Flügen zwar üblich, aber nicht die beste Art, entspannt anzukommen.
FOTO: ISTOCK/TUPUNGATO Sitzen, sitzen, sitzen, bis man endlich gelandet ist? Auf langen Flügen zwar üblich, aber nicht die beste Art, entspannt anzukommen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany