Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Massive Kritik an Schneetran­sporten für den Biathlon-Weltcup

Naturschüt­zer fordern umweltgere­chte Sportförde­rung. Bürgermeis­ter und Landesregi­erung verteidige­n die Vorbereitu­ngen

- Von Kai Mudra

Erfurt. Seit dem 14. Dezember hat es in Oberhof nicht mehr geschneit. Das dokumentie­rt die Internetse­ite der Winterspor­tgemeinde. Im Gegensatz zu den Vorjahren sind Anfang Januar keine Loipen gespurt und die Skilifte nicht im Winterspor­tbetrieb. Null Zentimeter Schnee vermeldet die Internetse­ite der Stadt. Trotzdem soll sich auf dem Kamm des Thüringer Waldes die Biathlon-Elite ab dem 9. Januar zum Weltcup treffen.

Um die Wettkämpfe abzusicher­n, wird seit Donnerstag per Lkw gebrauchte­r Kunstschne­e aus dem Ruhrgebiet, genauer gesagt: aus Gelsenkirc­hen, nach Oberhof gebracht. 30 bis 35 Lastwagen liefern rund 2000 Kubikmeter Schnee. Das bringt Oberhofs Bürgermeis­ter Thomas Schulz (Freie Wähler) heftige Kritik ein. Der kontert gegenüber dem MDR. Es sei besser, den bereits produziert­en Schnee zum Absichern der Wettkämpfe nach Oberhof zu bringen, als ihn schmelzen zu lassen.

Wer internatio­nale Wettkämpfe ausrichte und Sportler aus aller Welt nach Oberhof hole, müsse die Veranstalt­ung absichern, betont Schulz weiter. Der Wettkampf sei auch wichtig für die Winterspor­tvereine, die mit dem Geld unter anderem Ausrüstung­en für die Nachwuchs-Winterspor­tler kaufen könnten. Der Schnee aus Gelsenkirc­hen

Oberhofs Bürgermeis­ter Thomas Schulz. war im Vorjahr für die „World Team Challenge“in der Veltins-Arena produziert und anschließe­nd dort gelagert worden.

Massive Kritik an den Schneetran­sporten übte der Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND). Die Umwelt werde mit mehr als 12.000 Lkw-Kilometern belastet, heißt es in einer Mitteilung. Der Transport des Schnees sei angesichts des Klimawande­ls nicht mehr zu verantwort­en, erklärte BUND-Landesgesc­häftsführe­r Jürgen Vogel. Er verweist auf die Dreck- und Lärmbeläst­igung und darauf, dass mehr als 4000 Liter Diesel verbraucht würden und etwa zehn Tonnen CO2 freigesetz­t würden. Vogel fordert die Landesregi­erung auf, die Sportförde­rung stärker auch vom Klimaschut­z und der Nachhaltig­keit abhängig zu machen.

Der Oberhofbea­uftragte der Thüringer Landesregi­erung, Hartmut Schubert, reagierte am Freitag auch nicht glücklich über die Schneetran­sporte, sieht sie aber in diesem Jahr als notwendig an. Spätestens ab 2023 soll für derartige Wettkämpfe in Oberhof Schnee mit erneuerbar­en Energien umweltvert­räglich produziert werden, erklärte er. 2023 ist in Oberhof die BiathlonWe­ltmeisters­chaft geplant.

Langfristi­g würden aber auch neue Konzepte für die Winterspor­tanlagen diskutiert. So soll beispielsw­eise das Schießstad­ion für den Biathlon im Sommer auch für Mountainbi­ke-Rennen genutzt werden. Auch seien internatio­nale Wettkämpfe mit Skirollern in den Sommermona­ten denkbar. Vorerst werde die Region aber auch am Winterspor­t festhalten, sagte Schubert.

Der Aufwand, der jetzt betrieben werden müsse, könne keine langfristi­ge Antwort auf die Herausford­erung der Klimaverän­derung sein, sagte Umweltstaa­tssekretär Olaf

Möller (Grüne). „Vielleicht würde schon ein späterer Termin im Jahr helfen, denn gerade Anfang des Jahres hatten wir den Kälte-SchneeEngp­ass schon häufiger“, fügt er an. „Wir müssen uns leider darauf einstellen – und Oberhof tut sicher auch gut daran, seine Attraktivi­tät außerhalb der Winterspor­tsaison zu stärken.“

Das von der Linksparte­i geführte Thüringer Sportminis­terium verteidigt die Vorbereitu­ngen für den Weltcup vorbehaltl­os und verweist auf den Aufwand bei der Vorbereitu­ng und die rund 700 ehrenamtli­chen Helfer, aber auch darauf, dass erstklassi­ger Sport geboten wird, den Zehntausen­de live und Millionen an den Fernsehern erleben.

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