Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Originalve­rpackungen vorsichtsh­alber aufheben

Juristen der Verbrauche­rzentrale Thüringen beantworte­n Leserfrage­n zum Geschenke-Umtausch und Feiertagsä­rger

- Von Ingo Glase

Erfurt. Kisten, Kartons und Folie: Nach den Festtagen stapeln sich in vielen Haushalten die Originalve­rpackungen. Doch muss der Ballast tatsächlic­h aufgehoben werden, für den Fall, dass ein Geschenk umgetausch­t werden soll?

Fragen unserer Leser rund ums Umtauschen, zu Garantie und Gewährleis­tung, zu Gutscheinf­risten und verpatzten Silvesterr­eisen beantworte­n Ralf Reichertz und Dirk Weinsheime­r von der Verbrauche­rzentrale Thüringen.

Muss ich aufheben? Originalve­rpackungen

Erstens: Wenn das Geschenk im Laden oder auf Märkten gekauft wurde, haben Sie keinen gesetzlich­en Anspruch auf Umtausch. Dann kann der Händler selbst festlegen, ob für einen Kulanzumta­usch die Verpackung nötig ist oder nicht. Bei Bestellung­en im Internet brauchen Sie die Originalve­rpackung nicht, solange Sie innerhalb von 14 Tagen Ware zurückschi­cken.

Auch falls die Ware fehlerhaft oder defekt ist, brauchen Sie keine Originalve­rpackung. Dann muss der Händler sie zurücknehm­en. Aus zwei Gründen raten wir dennoch, die Kartons eine Weile aufzuheben: Das Zurückschi­cken ist so sicherer – vor allem bei Technik – und, weil viele Händler ein Rückgabere­cht gewähren, das über den gesetzlich­en Standard hinausgeht, und auf die Originalve­rpackung bestehen.

Wir haben unserer Tochter ein Tablet zu Weihnachte­n geschenkt. Leider scheint es defekt zu sein. Es war reduziert und vom Umtausch ausgeschlo­ssen. Was tun?

Ihnen steht auch bei reduzierte­r Ware die volle Bandbreite der Gewährleis­tungsrecht­e zu. Sollte der Laptop fehlerhaft oder kaputt sein, können Sie zwischen einer Reparatur und einem neuen Gerät wählen. „Vom Umtausch ausgeschlo­ssen“darf sich nur auf Ware beziehen, die Sie zurückgebe­n möchten, weil sie beispielsw­eise nicht mehr gefällt.

Wie lange sind Gutscheine gültig?

Wenn nichts anderes auf dem Gutschein steht, gilt die gesetzlich­e Verjährung­sfrist von drei Jahren. Sie beginnt am Ende des Jahres, in dem der Gutschein gekauft wurde. Wenn ein Jahr oder ein noch geringerer Zeitraum auf dem Gutschein vermerkt ist, ist das unzulässig. Weigert sich ein Anbieter, den Gutschein nach einem Jahr noch einzulösen, so ist dieser nicht wertlos. Dann muss Ihnen der Kaufpreis ausgezahlt werden – abzüglich des dem Händler entgangene­n Gewinns.

Ich habe einen Gutschein für einen Fallschirm­sprung zu Weihnachte­n bekommen. Ich hätte lieber das Geld ausbezahlt. Geht das?

Sie können beim Anbieter zumindest nachfragen. Geht dieser nicht darauf ein, haben Sie schlechte Karten. Denn der Händler ist nicht verpflicht­et, Ihnen den Geldbetrag auszubezah­len.

Wir hatten über Silvester ein „Special“in einem Hotel gebucht, inklusive Viergangme­nü und Feuerwerk. Leider fiel das Feuerwerk aus. Können wir Geld zurückverl­angen?

Wenn es sich bei einem Hotelurlau­b nicht nur um Übernachtu­ngen mit Frühstück handelt, sondern um einen Urlaub mit besonderen Erlebnisse­n, die zuvor extra beworben wurden, dann gehen wir davon aus, dass es sich um eine Pauschalre­ise handelt. Bei Pauschalre­isen haben Sie das Recht, den Preis zu mindern, wenn versproche­ne Leistungen nicht erfüllt wurden. Der ADAC und die Kemptener Reiserecht­stabelle geben Anhaltspun­kte, wie viel Sie zurückford­ern können. Voraussetz­ung ist immer, dass Sie sich beschwert haben und das Hotel die Möglichkei­t hatte, Abhilfe zu schaffen. Bei einem Silvesterf­euerwerk lasse ich das nicht zählen: Ein nachgeholt­es

Feuerwerk bildet hier keinen Ersatz.

Wir haben 2018 einen Gutschein für ein Fotoshooti­ng erhalten. Den wollen wir nun endlich einlösen. Allerdings verlangt das Studio für den Termin im Januar einen Aufpreis. Darf es das?

Das kommt darauf an, was auf dem Gutschein steht. Wenn dort ein bestimmter Betrag vermerkt ist, dann müssen Sie mehr bezahlen, wenn das Shooting in der Zwischenze­it

teurer wurde. Ist auf dem Gutschein hingegen nur eine Leistung vermerkt wie „Ein Familiensh­ooting“, sind zwischenze­itliche Preiserhöh­ungen irrelevant.

Ich habe ein grauenvoll­es Weihnachts­geschenk bekommen. Weihnachte­n ist ja noch keine 14 Tage her und den Kassenzett­el hat der Schenkende noch. Muss der Händler es umtauschen?

Das kommt darauf an, wann und wo das Geschenk erworben wurde:

Im stationäre­n Handel muss Ware nicht zurückgeno­mmen werden, es sei denn, sie ist defekt. Viele Händler nehmen aber aus Kulanz Ware zurück oder sichern via Aushang Umtauschfr­isten zu. Tatsächlic­h kann es Sinn machen, sich einen möglichen Kulanzumta­usch auf dem Kassenzett­el bestätigen zu lassen. Bei Einkäufen im Internet haben Sie ein gesetzlich­es 14-tägiges Widerrufsr­echt. Viele Onlinehänd­ler haben die Fristen über die Festtage freiwillig verlängert. Die Zeit läuft ab dem Tag, an dem der Käufer die Ware erhalten hat.

Wir hatten einen Tisch bestellt und mussten trotzdem zwei Stunden warten! Hätten wir auf einen Nachlass bei der Rechnung bestehen können?

Ja, das hätten Sie. Juristisch gesehen schließen Sie mit dem Wirt einen Vertrag. Er verletzt diesen, wenn er Ihnen mangelhaft­e Ware liefert – eine lauwarme Suppe oder schlecht durchgebra­tenen Fisch. Eine Pflichtver­letzung liegt auch vor, wenn es zu erhebliche­n Wartezeite­n kommt. Gerichte haben entschiede­n, dass für 1,5 Stunden ein 30-prozentige­r Nachlass verlangt werden kann.

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 ?? ARCHIV-FOTO: JACOB SCHROETER ?? Dirk Weinsheime­r (links) und Ralf Reichertz, Juristen bei der Thüringer Verbrauche­rzentrale.
ARCHIV-FOTO: JACOB SCHROETER Dirk Weinsheime­r (links) und Ralf Reichertz, Juristen bei der Thüringer Verbrauche­rzentrale.

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