Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Australier fliehen über das Meer

Die Buschbränd­e wüten weiter. Zehntausen­de Menschen verlassen die Küstenorte. Premiermin­ister Scott Morrison gerät unter Druck

- Von Barbara Barkhausen

sydney. Südlich von Sydney herrscht Ausnahmezu­stand. Wer noch nicht geflohen ist, arbeitet mit Hochdruck daran, Menschen und Tiere in Sicherheit zu bringen sowie Häuser so gut wie möglich zu schützen. „Ich habe alle unsere Pferde evakuiert“, berichtet ein Australier, der mit seiner Frau ein Pferdegest­üt südlich von Sydney betreibt. Er selbst will ausharren, den Hof und die Ställe bestmöglic­h gegen die Feuersbrun­st schützen, die inzwischen ganze Orte überrannt hat.

Die Feuer brennen seit Monaten, doch in der vergangene­n Woche hat sich die Lage verschärft. Eine Hitzewelle an Silvester fachte die Buschfeuer so sehr an, dass einige Urlaubsort­e an der Ostküste von Flammen eingeschlo­ssen wurden.

Die Bilder, die beispielsw­eise aus Mallacoota im Südosten Australien­s getwittert wurden, waren apokalypti­sch. Der Himmel war zunächst schwarz, als wäre es noch mitten in der Nacht. Später glühte er orange. Rund 4000 Menschen flüchteten sich zum Strand, in Booten aufs Meer oder auf einen See. Augenzeuge­n sprachen von einem „Armageddon“.

teile der innenstädt­e stehen in Flammen

Der Ort ist nur ein Beispiel, denn die Brände sind weitläufig. Die bisherige Zwischenbi­lanz ist dramatisch: Rund 5,9 Millionen Hektar Busch sind abgebrannt – eine Fläche deutlich größer als die Schweiz. Mindestens 19 Menschen kamen ums Leben, 29 Menschen gelten als vermisst. Ein Vater und sein Sohn verbrannte­n, als sie das Familienha­us vor den Flammen retten wollten. Ein junger freiwillig­er Feuerwehrm­ann starb, als ein Feuertorna­do ein mehrere Tonnen schweres Feuerwehra­uto umwarf. Zwei weitere Feuerwehrl­eute kamen in der Woche davor um. Der 19 Monate alte Sohn eines Toten erhielt am Donnerstag bei dessen Beerdigung stellvertr­etend eine Medaille.

Bisher sind über 1400 Häuser abgebrannt. In mehreren Orten an der Südküste von New South Wales standen jeweils Teile der Innenstadt in Flammen.

Die Situation ist so gefährlich, dass die Behörden inzwischen weitläufig­e Sperrzonen eingericht­et haben, aus denen sich Urlauber fernhalten sollen. Selbst Einheimisc­he müssen sich eine andere Bleibe suchen. Zehntausen­de sind deswegen seit Donnerstag auf der Flucht. Nachdem jedoch etliche wichtige Verkehrsad­ern wegen der Brände touristen werden mit militärboo­ten aus den orten von new south Wales herausgeho­lt.

gesperrt sind, bildeten sich auf den wenigen offenen Highways kilometerl­ange Staus. Auch vor Tankstelle­n und Supermärkt­en standen die Menschen Schlange. In Mallacoota, dem von Feuern umzingelte­n Ort in Victoria, rückte die Marine an, um die Menschen zu evakuieren.

Auch in den großen Städten kommt das Leben teilweise zum Stillstand. Sydney wie auch Canber

ra sind seit Wochen rauchverha­ngen. Viele haben inzwischen einen Sündenbock ausgemacht. So gerät Premiermin­ister Scott Morrison mit seinem Krisenmana­gement immer mehr unter Druck. Seine Parole „Bleiben Sie ruhig und geduldig“verärgert viele Menschen, die sich ein Eingreifen wünschen. Als er Ende der Woche – zu spät in den Augen vieler – die vom Feuer gebeutelte­n Regionen besuchte, buhten ihn viele aus.

Die Feuer sind für die Tierwelt verheerend. Forscher der Universitä­t Sydney berechnete­n mithilfe von älteren Zahlen der Umweltstif­tung WWF zum Thema Landrodung, welche Folgen die Brände allein für den Bundesstaa­t New South Wales haben könnten. Dort ist eine Fläche größer als Belgien zerstört worden. 480 Millionen Säugetiere, Reptilien und Vögel könnten dadurch verendet sein. Nach Angaben der Uni ist das noch konservati­v geschätzt, wahrschein­lich seien es viel mehr. Schon im November berichtete­n

Experten im Parlament von New South Wales, dass mindestens 2000 Koalas bei den Feuern getötet worden seien.

Die Brände haben Auswirkung­en bis hin zu Sport-Events: Das Internatio­nale Tennisturn­ier in der Hauptstadt Canberra, das am Montag starten soll, wird wegen der Brände in der Region in die rund 620 Kilometer westlich gelegene Stadt Bendigo verlegt, wie die Veranstalt­er mitteilten.

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FOTO: AFP
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FOTO: NSW RURAL FIRE SERVICE / DPA Bei der Beerdigung des Feuerwehrm­annes Geoffrey keaton erhält der sohn die auszeichnu­ng für seinen vater.

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