Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Guten Morgen, my dear!
Das englische Frühstück ist nichts für alle Tage, aber eine britische Institution – und nie langweilig
Kolonialmächte haben weltweit ihre Spuren hinterlassen. Das wohl bedeutendste kulinarische Vermächtnis der Briten ist das English Breakfast. Das schmeckt in der Strandbar mit Blick auf den indischen Ozean vor dem Surfen genauso gut wie im verschneiten Pub oder zu Hause, wenn der Körper mal nach viel und fettig verlangt. Weil es aufwendig in der Zubereitung ist, nehmen die Briten ihr Frühstück vornehmlich in Pubs oder Pensionen ein.
Bacon, Würstchen, spiegelei
In Stadtilm geht man für dafür ins Gasthaus Queen Victoria. Auf Wunsch bereitet der Küchen- und Juniorchef Daniel Brown die ganze Auswahl eines Full English Breakfast zu. Drei Jahre lebte er in England, wo er täglich in den Genuss kam: „Im Internat gab es jeden Morgen English Breakfast. Langweilig ist mir dabei nie geworden.“Was unbedingt auf den Teller gehört: Toastbrot mit Butter, Hash Browns, „die kann man sich wie Rösti-Ecken vorstellen,“sagt Daniel Brown. Außerdem Spiegelei, Bacon, Würstchen und Black Pudding, wofür der Koch Rot- oder Blutwurst in der Pfanne anbrät. Das Ganze wird ergänzt mit Baked Beans, eine Adaption aus Nordamerika, bei der weiße Bohnen in Tomatensoße oder Ketchup im Ofen gebacken werden. Und was gibt es dazu? „Natürlich Tee und nach Belieben einen Saft“, antwortet der 30-Jährige und ergänzt, dass Engländer, auch gerne Porridge frühstücken, soll es mal schnell gehen.
Die englische Küche wird gerne auf ihr Frühstück und den berühmten Sunday Roast, den Sonntagsbraten, reduziert. Sinnbildlich für ihren schlechten Ruf steht eine Szene in der Komikverfilmung Asterix bei den Briten, in der Obelix sich völlig ausgehungert in einem Pub nach seiner Leibspeise sehnt. Der britische Wirt kommt seinem Wunsch nach und serviert ihm Wildschwein, nur wurde das nicht gegrillt, sondern in Pfefferminzsauce gekocht. Die Enttäuschung darüber ist für Obelix in etwa so groß wie die Brexit-Entscheidung für Europafreunde.
Früher mal exotisch
Dabei genoss die „cuisine anglaise“, wie die Franzosen die englische Küche nannten, vor allem in der Kolonialzeit hohes Ansehen. Die Briten hatten Zugang zu exotischen Ressourcen und Zubereitungsmethoden. Was der Raffinesse der englischen Küche obendrein zuspielte, waren fruchtbare Böden und fortschrittliche Viehzucht. Etliche Schmortechniken wurden in England angewandt, noch bevor sie im kontinentalen Europa ankamen. Hauptsächlich war es übrigens das Dienstpersonal, das sich um die Zubereitung der Speisen kümmerte.
Mit dem Niedergang des Kolonialreichs und durch Auswirkungen der beiden Weltkriege ging es auch mit der englischen Küche bergab. Lebensmittel waren nach dem Krieg rationiert oder sehr teuer, ebenso fehlte das Geld für Personal, wodurch Expertise verloren ging.
Seit einiger Zeit versuchen Pioniere wie TV-Koch Jamie Oliver, die Küche wieder gesünder und vielfältiger zu gestalten und auf Slow Food zu setzen. Das English Breakfast aber, sollte schon aus Nostalgiegründen weiter auf den Speisekarten erhalten bleiben. Egal ob in Indien, in Südafrika, in England oder eben in Thüringen.
Macht lange satt: Full english Breakfast in der pfanne.
„Natürlich gehört auch Tee zum englischen Frühstück dazu.“Daniel Brown, Küchenchef