Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Vorsätzchen anstatt kalter Entzug
Boaah ey, ich hasse diese Vorsätze zum neuen Jahr. Mein kürzester Vorsatz hielt mal zwei Stunden, ich wollte mir das Rauchen geplant abgewöhnen … Später klappte es dann wunderbar ohne Plan. Seitdem bin ich ein Freund der übers Jahr verteilten spontanen Vorsätzchen.
Wenn die Tage kürzer und es früher dunkel wird, ruft allabendlich die Couch nach mir. Liegen ist gesünder als sitzen, sage ich mir mit dem Buch in der Hand. Leider ist es mir nicht möglich, der Tätigkeit des Lesens meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu widmen. Es muss dabei gekaut werden. Unentwegt. Von der Erdnuss bis zum geliebten Dominostein. Ohne geht’s einfach nicht. Spätestens Mitte Dezember kann ich dann an meiner Hüfte weiche Elemente fühlen, die vorher da nicht waren. Die Hänselei und kleine schmerzhafte Kniffe – nicht nur durch Familienmitglieder – sind dann der Auslöser für Lösungswünsche. Ist ja reine Physik mit der Vernichtung der Rollen. Weniger Energie zuführen, dafür mehr verbrennen. Dazu gehört Willen. Der wird von der Großhirnrinde gesteuert, die bei Verzicht besonders viel zu tun hat. Und mit der Disziplin ist es ja bekanntlich schwierig nach dem zurückliegenden Quartal der Völlerei.
Kalter Entzug wäre da wie ein Marathonlauf ohne Vorbereitung. Mein Rezept für die Hüfte: Langsam abtrainieren wie die Leistungssportler, jeden Tag ein Nüsschen weniger bei einer Seite und einem Kilometer mehr. Und ein tailliertes T-Shirt eine Nummer kleiner hat der Weihnachtsmann vorsorglich auch gebracht. Aber eigentlich ist das alles unwichtig, so lange das Buch gut ist und die Nuss frisch. Das Auge scharf. Die Beine schnell. Und der Geschmack fit. In jeder Hinsicht. Ohne Vorsatz.