Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Schonfrist für Verkehrssünder
In Thüringen wird Strafverfolgung nach neuem Bußgeldkatalog ausgesetzt
Erfurt. In Thüringen wird die Strafverfolgung entsprechend des neuen Bußgeldkatalogs der Straßenverkehrsordnung vorerst außer Kraft gesetzt. Das teilte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums mit und berief sich auf eine Aussage aus dem Innenministerium. Kontrollen von Polizei und Ordnungsbehörden würden zwar weiterhin stattfinden, die Bearbeitung von Verstößen wird aber aufgeschoben, bis die Rechtmäßigkeit des Bußgeldkatalogs geklärt ist. Noch am Donnerstag erklärte Infrastrukturminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke), dass er keinen Grund dafür sehe, die Regelungen „nun zugunsten von Rasern zurückzunehmen.“Das Bundesverkehrsministerium hatte die Länder zuvor aufgefordert, die seit mehr als zwei Monaten geltenden neuen Bußgeldbestimmungen nicht anzuwenden. Bis auf Weiteres sollten wieder die alten Bußgeldhöhen und Geschwindigkeitsgrenzwerte gelten. Für Sanktionen, die nach Inkrafttreten der Reform am 28. April bereits nach den strengeren Regeln verhängt wurden, wird derzeit bundesweit an einer Lösung gearbeitet.
Hintergrund der Entscheidung dürfte ein juristisch-handwerklicher Fehler beim Verfassen der Reform sein. Dieser hat nach Auffassung von Verkehrsrechtsexperten mindestens die Unwirksamkeit der verschärften Fahrverbote zur Folge. Allerdings hatte Bundesverkehrsminister Scheuer ohnehin auf eine Überarbeitung der Reform gedrungen und von einer „Unwucht, die es zu korrigieren gilt“gesprochen. Damit
waren insbesondere die Fahrverbotsregelungen gemeint, gegen die es auch in der Bevölkerung teils heftigen Widerspruch gegeben hatte: Danach sollen Fahrverbote bereits bei einmaligen Geschwindigkeitsüberschreitungen um 21 km/h innerorts und 26 km/h außerorts zum vorübergehenden Entzug des Führerscheins führen können. Dass die Reform nun ohnehin überarbeitet werden muss, dürfte Scheuer zum Anlass nehmen, auf eine Änderung dieses umstrittenen Teils der Regelungen hinzuwirken. Seite 6