Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
82-Jähriger aus Knau erhält Führerschein zurück
Aus dem Gerichtssaal Unfallflucht auf dem Pößnecker Stadtbad-Parkplatz nicht nachweisbar
Pößneck. Strafrichtern wird nachgesagt, dass sie besonders gern älteren Menschen den Führerschein wegnehmen, oft auf Nimmerwiedersehen. Ein 82-Jähriger aus Knau hat es dieser Tage am Amtsgericht Pößneck ganz anders erlebt.
Der Rentner war des unerlaubten Entfernens vom Unfallort angeklagt. Auf dem Pößnecker StadtbadParkplatz soll er im vergangenen Winter bei einem – wohl erst im zweiten Anlauf erfolgreichen – Ausparkmanöver das Auto einer 54-jährigen Frau beschädigt haben und einfach weiter gefahren sein. Die Reparatur kostete fast 1900 Euro. Kurz vor dem Prozess wurde dem
Rentner vom Gericht der Führerschein eingezogen.
„Ich habe das nicht bemerkt“, beteuerte der Rentner, als er von Richter Dieter Marufke auf den Unfall angesprochen wurde. Eine Fahrtauglichkeitsprüfung, die ihm ans Herz gelegt wurde, brauche er nicht, sagte der 82-Jährige, weil: „Ich bin im Vollbesitz meiner Kräfte.“Nun hatten zwei Jungen und ihre Großeltern den Unfall mitbekommen. Sie teilten einer StadtbadMitarbeiterin zwar das Kennzeichen des unfallverursachenden Wagens mit und erläuterten zudem, dass es zweimal „ziemlich laute Geräusche“gegeben habe. Allerdings hatten die Zeugen keine Adresse hinterlassen, und mit dem Hörensagen
ist es vor Gericht schlecht. Die wiederholt geprüften Schadensbilder ließen am Wagen der 54-jährigen Geschädigten zwar einen „Streifschaden an der Außenkante“vermuten, wie Marufke feststellte. Ob der 82-Jährige vom Anstoß etwas gehört oder ihn gespürt haben muss, blieb offen.
Die Unsicherheit war so groß, dass das Gericht letztlich nicht nur von einem kurzzeitig in Erwägung gezogenen Sachverständigengutachten absah. Es stellt das Verfahren auch ein. Er habe keine Zweifel daran, dass der 82-Jährige das fremde Fahrzeug gestreift und dabei beschädigt habe, sagte Marufke. Es sei aber denkbar, dass der Anstoß samt Geräusch im 17 Jahre alten Auto
des Rentners nicht wahrnehmbar war. Daher könne dem 82-Jährigen kein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort vorgeworfen werden. Seine Versicherung werde allerdings nicht um die Reparaturkosten herum kommen. Der Rentner verzichtete
auf eine Entschädigung für die Zeit, in welcher ihm der Führerschein letztlich grundlos abgenommen worden war, und bekam ihn noch im Gerichtssaal ausgehändigt. Die Kosten des Verfahrens bleiben an der Staatskasse hängen.