Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
„Ich steige ab und zu wieder aufs Rad“
Ex-Radsport-Star Marcel Kittel war für einen Tag zurück in seiner Thüringer Heimat
Weimar/Ilmenau. Marcel Kittel fährt wieder! Bei der Fan-Ausfahrt „Dein Ride“, einer Promotion-Veranstaltung zur Deutschland Tour, war der aus Ichtershausen stammende 32jährige, der in der Schweiz wohnt, erstmals nach seinem Karriere-Ende wieder im Sattel zu erleben. Von Weimar aus begleitete er die Fahrt bis nach Ilmenau. Mit uns sprach er über diese Tour, sein Karriere-Ende, Studium, Vatersein und seine Pläne.
Wie anspruchsvoll schätzen Sie die Thüringer Etappe der nächsten Deutschland Tour zwischen Sangerhausen und Ilmenau ein?
Das ist eine typische DeutschlandTour-Etappe. Sie ist nicht wirklich flach, aber auch nicht bergig. Da kann es Überraschungen geben. Das Finale in Ilmenau ist nicht leicht. Da bin ich richtig gespannt.
Nach Ihrem Karriere-Ende vor einem Jahr waren Sie zwar immer wieder einmal im Fernsehen als TVExperte zu erleben, aber weniger auf dem Rad?
Nach meinem Karriere-Ende bin ich zunächst gar nicht Rad gefahren. Mittlerweile steige ich ab und zu wieder in den Sattel, fahre aber kaum mehr als 100 Kilometer in der Woche. Es ist gut, dass Corona langsam wieder abschätzbar wird.
Die diesjährige Fan-Ausfahrt „Dein
Marcel Kittel begleitete in Weimar und Ilmenau die Fan-Ausfahrt „Dein Ride“auf dem Sattel.
Ride“ist ja auch eine Art Ersatz für die Deutschland Tour. Wie kam es zu dieser Idee?
Da wegen der Corona-Pandemie das Profi-Rennen der Deutschland Tour nicht stattfinden konnte, gab es den Versuch, damit einen Bogen zu spannen. Die Deutschland Tour ist immer auch ein Rennen nicht nur für die Profis, sondern auch Fans. Wir sind in kleinen Gruppen die feststehenden Etappen der Deutschland Tour 2020 abgefahren, haben einen schönen Tag und viel Spaß gehabt.
Und diese Fahrt war auch schon ein Vorgeschmack auf 2021?
Klar, es war eine Ersatzveranstaltung, die auf der Strecke der ProfiRundfahrt von 2021 stattfand. Aber es war auch die Möglichkeit, die Etappen vorzustellen, für das Rennen zu werben und den Fans nach der Corona-Absage doch noch etwas zu bieten.
Arnstadt und besonders Ichtershausen sind nicht bei der Deutschland Tour 2021 dabei?
Wir fuhren knapp dran vorbei.
Im Ilm-Kreis sind unter anderem Riechheim, Osthausen, Alkersleben, Bösleben, Stadtilm, Behringen, Heyda mit Bergwertung, Oberpörlitz und Ilmenau als Etappenort die geplanten Stationen. Bleibt es 2021 bei diesem Streckenverlauf?
Es soll exakt diese Strecke abgefahren werden. Ob es da noch Abweichungen gibt, muss sich zeigen.
Sie sind Botschafter der Deutschland Tour, was macht man da?
Vor allem präsent sein. Die Deutschland Tour ist ja erst in den letzten Jahren wieder aufgelebt. Das finde ich ganz toll, dass es da Menschen in die Hand genommen haben, das Rennen erst einmal wieder zu organisieren.
Blieb noch Zeit, in Ichtershausen bei Ihren Eltern vorbei zu schauen?
Meine Eltern waren gar nicht da, sie kamen erst zwei Tage später aus dem Urlaub zurück. Ich vermisste aber meinen Sohn und meine Freundin so sehr, weil ich ja vor dieser Etappe schon von ihnen getrennt war. Deshalb ging es schnell die viereinhalb Stunden zurück an den Bodensee.
Vor einem Jahr beendeten Sie die Profi-Karriere als Radsportler. Wie lebt sich’s nach der ersten Karriere?
Ganz gut. Alles, was bis jetzt so passiert ist, das war eine Kombination aus den Wünschen, die ich hatte, und den Dingen, die mir in den Weg gekommen sind. Außerdem habe ich jetzt noch mehr Zeit für die Familie. Das ist mir ganz wichtig. Mit meinem kleinen Sohn Lex, er wächst so schnell, verbringe ich viel Zeit. Das bestätigt mich sehr in meiner Entscheidung, vom Radsport zurückzutreten. Das ist Zeit, die kommt nie zurück. Ich sitze lieber auf der Couch, wenn er weint, oder den ersten Zahn kriegt, als in Frankreich auf dem Sattel. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Das mit dem Radsport war eine tolle Zeit, und die Zeit jetzt ist es auch.
Wo geht es einmal beruflich hin, vielleicht zu einer TV-Karriere?
Das strebe ich nicht beruflich an. Das ist etwas, was mir Spaß macht, was ich nebenher auch gern noch weiter verfolgen möchte. Ich habe nebenher auch noch ein Studium in Wirtschaftswissenschaften in Konstanz angefangen. Das sind viele neue Herausforderungen. Die Kombination aus Studium und Vatersein ist nicht zu unterschätzen.
Gibt es noch Kontakt in die Heimat, nach Arnstadt oder Ichtershausen?
Na klar, besonders zu meiner Familie. Wir waren erst kürzlich zusammen im Urlaub, mit meinem Bruder, meinen Eltern, das war sehr schön. Ich bin in Erfurt zur Schule gegangen. Diese Freunde von früher habe ich nicht verloren, den Kreis werde ich auch nicht verlieren, weil wir schon eine gute Gruppe sind.