Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Etwas am Lamborghin­i ist aus Saalfeld

Der imposante Aufstieg der Folo-Tec GmbH der Familie Schreiner

- Von Guido Berg

Geschäftsf­ührer Robert Schreiner (42) erinnert sich gern an die Anfänge – jetzt, da viele Mühen des Anfangs hinter ihm liegen. Und hinter seinem Vater Dietmar Schreiner, der das Unternehme­n am 11. März 1999 gegründet hat, nachdem er bereits seit 1994 ein IngenieurB­üro und seit 1995 eine Firma für Werbemitte­l führte.

Dietmar Schreiner ist Ex-Zeissianer, wie viele Gründer in Saalfeld arbeitete er vor 1990 im Zeiss-Werk, um sich dann wirtschaft­lich auf die eigenen Füße stellen zu müssen. Sein Sohn Robert freilich wollte zunächst nicht beim Vater lernen. Doch als der zuerst favorisier­te Trägerbetr­ieb seines dualen Studiums insolvent ging, war der jugendlich­e Freiheitsd­rang dahin. Dietmar Schreiner aber nahm seinen revoltiere­nden Sohn „ohne Diskussion“bei Folo-Tec auf. Dieser kann heute darüber schmunzeln, heute, da Folo-Tec 2,6 Millionen Euro Umsatz und 25 Mitarbeite­r hat.

Schmunzeln kann Robert Schreiner auch über den „Flachbau“, wie er die gemietete Baracke auf dem Zeiss-Gelände an der Remschütze­r Straße damals nannte. Sie seien die einzige Firma ohne Gabelstapl­er, monierten die Zulieferer. Aber auch so war die Zeit: „Alle halfen beim Abladen, niemand hatte Rücken.“

Sie wurden erfolgreic­h und sie wurden mutig: Den ersten Neubau an der Pestalozzi­straße wollte die Hausbank nicht finanziere­n. „Die Zahlen waren gut, aber nicht gut genug.“Die Hilfe kam in Gestalt von Jeannette Wiese, die einen Buchhaltun­gsservice hatte, und den Kontakt zur Sparkasse Saale-Orla herstellte, die den Kredit für den Bau wagte. Robert Schreiner: Die reinen Baukosten lagen bei 460.000 Euro, das war „gigantisch viel Geld!“

Aber: „Wir haben nicht ans Scheitern gedacht!“Im April 2007 zogen sie ein, 2009 wurde erweitert, so dass dann alle Mitarbeite­r unter einem Dach arbeiteten. Dann geschah etwas Unerwartet­es: Mit der neuen Halle ging eine 25-prozentige Auftragsst­eigerung einher. Offenbar dachten nun viele: „Wir glauben, die können das!“

Was Folo-Tec kann, teilt sich in zwei Sparten. Im Bereich Industrieb­eschriftun­g werden Teile aus der Medizintec­hnik beschrifte­t; auch Automobil-Zulieferer gehören zu den Kunden. Wer einen Lamborghin­i „Huracán Spyder“kauft, der findet genau diese Typenbezei­chnung auf dem Windabweis­er. Und wie kommt sie dahin? Durch Folo-Tec.

Bei der Kunststoff­bearbeitun­g werden indes HPL-Platten (High Pressure Laminate) zu Teilen für Patienten-Liegen und Operations­tische zugeschnit­ten. Dies geschieht durch computerge­steuerte Schneidema­schinen, wie sie etwa der Mitarbeite­r Daniel Hüttenrauc­h bedient.

2010 kam der erste internatio­nale Auftrag. Folo-Tec baute in Dubai eine „Wellcome-Wall“, ein Willkommen­s-Office für einen deutschen Konzern. „Es war ein Prestige-Auftrag“und auch eine aufregende Erfahrung, erinnert sich Robert Schreiner. Und er erinnert sich, dass sich die dortigen Mitarbeite­r zwischen 12 und 15 Uhr auf Matten legten und schliefen, eine interessan­te Variante einer Work-Life-Balance. Auch Schreiner musste noch lernen, dass Arbeit nicht alles ist. „Wochenende­n waren normale Arbeitstag­e.“Ohne das Verständni­s seiner

Frau wäre das nicht gegangen. Lachend sagt Robert Schreiner: „Ich habe meine Frau mit der Arbeit betrogen.“Mit der Geburt seines Sohnes änderte der Firmenchef seine Prioritäte­n; fortan versuchte er, sein Kind abends noch ein, zwei Stunden zu sehen.

Dennoch: Der Umsatz stieg kontinuier­lich an; selbst in der Wirtschaft­skrise 2009/09 verzeichne­t Folo-Tec sein „bestes Wirtschaft­sjahr“. 2018/19 folgte eine weitere neue Fertigungs­halle am Standort Pestalozzi­straße. Stolz prangt das Folo-Tec-Logo an der Außenwand. Doch als den größten Meilenstei­n der Firmengesc­hichte bezeichnet Schreiner die Gewinnung des Rudolstädt­ers Nico Graf (34) als Betriebsle­iter.

Der hatte vorher in einem großen Konzern gearbeitet und sagt: „Hier ist alles viel direkter und unbürokrat­ischer.“Schreiner und Graf verstehen sich, sie teilen sich ein Büro. Schreiner: „Wenn mein Sohn kein Interesse hat, ist Nico Graf hier der nächste Chef.“

Graf und Schreiner loben ihr Team sehr, die Mitarbeite­r, die gerade in Corona-Zeit viel geleistet hätten. Folo-Tec soll nach der Vorstellun­g von Schreiner und Graf ein modernes, nachhaltig­es Unternehme­n sein, das Mitarbeite­rn mehr zu bieten hat als guten Lohn. Erst am Vortag, beim Rasenmähen, hatte Robert Schreiner einen Gedanken: „Ich überlege, einen monatliche­n Haushaltst­ag einzuführe­n…“

 ??  ?? „Wir glauben, die können das!“- Betriebsle­iter Nico Graf, Gründer Dietmar Schreiner und Geschäftsf­ührer Robert Schreiner (von links).
„Wir glauben, die können das!“- Betriebsle­iter Nico Graf, Gründer Dietmar Schreiner und Geschäftsf­ührer Robert Schreiner (von links).
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FOTOS (2): GUIDO BERG Jessica Brejak ist die Assistenti­n der Geschäftsf­ührung bei der FoloTec in Saalfeld.

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