Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Preis-Schock an der Tankstelle

Diesel kostet derzeit so viel wie nie zuvor. Auch Superbenzi­n nähert sich dem bisherigen Allzeithoc­h

- Von Alexander Klay

Preis-Schock an der Tankstelle: Ein Liter Diesel kostete am Sonntag im bundesweit­en Tagesdurch­schnitt 1,555 Euro. Nach einem monatelang­en Preisansti­eg hat die Kraftstoff­sorte damit nach Berechnung­en des ADAC ihren bisherigen Höchststan­d vom August 2012 übertroffe­n. Zu Wochenbegi­nn waren noch höhere Preise zu beobachten – wie 1,629 Euro in Berlin.

Auch der Benzinprei­s näherte sich am Sonntag mit einem Durchschni­ttspreis von 1,667 Euro für einen Liter Super E10 dem Rekord vom September 2012. Damals kostete die Spritsorte 4,2 Cent mehr. Was Autofahrer­innen und Autofahrer jetzt wissen müssen.

Warum steigen die Preise für Benzin und Diesel derzeit so schnell?

Das liegt vor allem am stark gestiegene­n Preis für Erdöl. Weltweit ist die Nachfrage infolge der wirtschaft­lichen Erholung nach der Corona-Krise stark gestiegen. Die für Europa wichtige Sorte Brent erreichte am Montag mit 86 Dollar für ein Fass (74 Euro/159 Liter) einen mehrjährig­en Höchststan­d. Innerhalb eines Jahres hat sich der Preis verdoppelt. Da Rohöl in US-Dollar gehandelt wird, macht sich zudem der zuletzt spürbar gesunkene Wert des Euro bemerkbar. Hinzu kommt die beginnende Heizsaison. Heizöl und Diesel sind nahezu identisch.

Wie setzt sich der Spritpreis an der Zapfsäule zusammen?

Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r bezahlen nicht nur für den Kraftstoff. Der Staat langt beim Tanken in besonderem Maße zu und berechnet Mineralöl- und Mehrwertst­euer sowie seit Anfang 2021 zusätzlich einen CO2-Preis von sechs bis acht Cent je Liter. Das summiert sich beim aktuellen Preisnivea­u bei Diesel auf 78 Cent pro Liter und bei Superbenzi­n auf 97 bis 98 Cent.

Kostet Benzin bald zwei Euro?

Die Preise könnten noch weiter ansteigen. Expertinne­n und Experten halten es aber für unwahrsche­inlich, dass etwa ein Liter Super E10 in naher Zukunft mehr als zwei Euro je Liter kostet. Dazu müsste der Ölpreis laut ADAC auf über 100 Dollar steigen. Die Mitgliedst­aaten des Erdölkarte­lls Opec+ hätten daran jedoch kaum Interesse, erklärt ADAC-Experte Jürgen Albrecht. Zudem würde ein besonders hoher Ölpreis die aufwendige Fördertech­nik Fracking attraktive­r machen, was den Preisauftr­ieb durch das zusätzlich­e Angebot bremsen würde.

Ausgemacht ist jedoch ein weiterer Anstieg des CO2-Preises auf etwa 17 Cent je Liter Diesel bis ins Jahr 2025 und 15 Cent bei Benzin.

Welche Folgen hat das für die Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r sowie für die Wirtschaft?

Die Mehrkosten beim Transport von Waren oder beim Heizen dürften zeitverzög­ert an die Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r weitergege­ben werden und zudem zu höheren Lohnforder­ungen führen, warnt der Bundesverb­and mittelstän­dische Wirtschaft (BVMW). „Die Preisexplo­sion bei Treibstoff­en stellt eine massive Belastung der Wirtschaft dar, die Arbeitsplä­tze, Wachstum und Wohlstand gefährdet“, sagte BVMW-Chefvolksw­irt Hans-Jürgen Völz unserer Redaktion.

„Aus Sicht des Mittelstan­ds sollte die Mineralöls­teuer temporär gesenkt und die Pendlerpau­schale spürbar erhöht werden“, forderte er.

Wie lässt sich Geld sparen?

Im Tagesverla­uf ändern die Mineralölk­onzerne mehrmals die Preise, sodass die Unterschie­de bei zehn Cent und mehr liegen können. Kostenlose Spritpreis-Apps fürs Smartphone ermögliche­n einen Preisvergl­eich. Wer in Grenznähe wohnt, kann im Ausland teilweise deutlich günstiger tanken. So kostet ein Liter Diesel in Tschechien laut ADAC derzeit 1,23 Euro.

Welche Möglichkei­ten hat die Politik, um die Preise zu senken?

Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium sieht dazu keine Chancen. „Ein Eingriff staatliche­rseits ist nicht nur nicht üblich, sondern ist auch rein rechtlich nicht möglich“, hieß es. Zuvor hatte jedoch Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) eine Spritpreis­bremse ins Spiel gebracht. „Rund zwei Drittel des Benzinprei­ses sind vom Staat mit Steuern und Abgaben beeinfluss­t“, sagte er. Die Bremse müsse spätestens bei einem Preis von 1,99 Euro pro Liter greifen, forderte er von der künftigen Bundesregi­erung.

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FOTO: RUMPENHORS­T / DPA Diesel ist an vielen Tankstelle­n in Deutschlan­d so teuer wie nie zuvor.

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