Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Wie schlimm wird der Corona-Winter?
Virus verbreitet sich vor allem unter Jüngeren und Älteren. Jetzt plant Spahn das Ende der Pandemie-Notlage
Herbst und Winter gelten als unwirtliche Jahreszeiten. In der Corona-Pandemie sind es zudem auch die gefährlichsten. Denn wenn sich die Menschen bei kaltem Wetter vermehrt in geschlossenen Räumen aufhalten, kann sich das Virus leichter ausbreiten, die Ansteckungen nehmen zu. Dennoch sprach sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montag für ein Auslaufen der „epidemischen Lage nationaler Tragweite“aus, die der Politik viele Sonderbefugnisse in der Pandemie einräumt. Es käme einer weitgehenden Herabstufung der Corona-Gefahr gleich.
Der Zeitpunkt für diese SpahnÄußerung überrascht. Denn besonders deutlich steigen die Zahlen seit geraumer Zeit bei den Jungen und Jüngsten. Auch unter der besonders gefährdeten Gruppe der Älteren und Hochbetagten steigen die Ansteckungszahlen, da bei vielen der Corona-Schutz nachlässt und viele noch keine Auffrischungsimpfung haben. Die unter Zwölfjährigen können sich hingegen noch nicht impfen lassen, weil es für sie noch kein zugelassenes Vakzin gibt. Elternvertreter fordern daher eine bundesweite Corona-Impfpflicht für Lehrkräfte, um die Kinder und Jugendlichen zu schützen. Auch Patientenschützer
„In den kommenden Wochen wird die Zahl der CoronaInfektionen sicherlich steigen.“
Klaus Reinhardt,
Präsident der Bundesärztekammer
fordern Maßnahmen. Sie verlangen für Einrichtungen, in denen auch viele Hochbetagte gepflegt werden, sowie für Krankenhäuser eine tägliche Testpflicht auch für geimpfte Beschäftigte und Besucher.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, plädierte im Gespräch mit unserer Redaktion dafür, „dass alle Bundesländer 2G ohne Maske und Abstand als Option für das Gastgewerbe, für den Sport und die Veranstaltungsbranche einführen“. Bleibt die Frage, mit welchen Lösungen Deutschland durch diesen Corona-Herbst geht.
Wie entwickeln sich die Zahlen?
Angaben des Robert-KochInstituts (RKI) von Montag ist die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland am fünften Tag in Folge gestiegen. Der Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche lag bei 74,4. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 72,7 gelegen, vor einer Woche bei 66,5. Regional sind die Werte teils sogar um ein Vielfaches höher.
Welche Folgen drohen in der Bildung?
Ines Weber, Vorstandsmitglied im Bundeselternrat, forderte Maßnahmen vor allem für die Schulen. Die Lehrkräfte müssten „angehalten werden, sich impfen zu lassen“, sagte Weber unserer Redaktion. Mit einer Impfung schützten sie sich selbst „und auch die Kinder und Jugendlichen, mit denen sie täglich direkten Kontakt haben“. Weber forderte „eine Corona-Impfpflicht für diese Berufsgruppe“. Diese Verpflichtung sollte „von der Bundesregierung bundeseinheitlich gesetzlich festgeschrieben werden“, forderte sie. Weber betonte, ohne konsequente Maßnahmen und zugleich stark ansteigende Infektionen werde es in den nächsten Wochen und Monaten in einigen Regionen wieder zu Schulschließungen kommen. Dies müsse verhindert werden.
Wie ist die Lage in den Kliniken?
Laut Zentralregister der Notfallmediziner nimmt die Zahl der CoronaPatienten auf den Intensivstationen seit Anfang Oktober wieder zu. Derzeit werden dort 1451 Covid-19-Fälle behandelt. Im Frühjahr waren es bis zu 5000. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte jedoch, es werde politisch nicht thematisiert, „dass aktuell dreimal mehr über 80jährige Corona-Infizierte im Krankenhaus sind als vor einem Jahr. Waren es in der 40. Kalenderwoche 2020 noch 176 Patienten, sind es nun 475“, sagte Brysch unserer Redaktion. Es reiche nicht aus, „Tests bei Patienten, Mitarbeitern und Besuchern
zu finanzieren. Sie müssen bundesweit täglich für Krankenhäuser und Pflegeheime angeordnet werden zwar unabhän davon, ob die Person geimpft oder genesen ist“.
Wie ist Prognose?
mit der Aufhebung von Maskenpflicht und Abstandsregeln, „ist das ein guter Weg“. Dies sollte nicht für Angebodes öffentlichen Lebens gelten, auf die die Menschen zwingend angewiesen sind, wie zum Beispiel der öffentliche Nahund Fernverkehr“.
Unklar. Es handelt sich bislang um einen Vorschlag Spahns. Der Bundestag hatte die „epidemische Lage“im Frühjahr 2020 beschlossen und Ende August für weitere drei Monate verlängert. Sie läuft automatisch aus, wenn sie vom Parlament nicht erneut verlängert wird. Brysch kritisierte, Spahns Vorstoß sei angesichts der steigenden Infektionszahlen „unverantwortlich“.