Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Der Bodenständ­ige

Fußball: Einstiger Zwickauer Weltklasse-Torhüter Jürgen Croy wird heute 75 Jahre alt

- Von Gerald Fritsche

Jürgen Croy ist der Alte geblieben. Nicht nur äußerlich. Klar, die Haare sind grau geworden. Doch die Sinne sind geschärft, seine Worte gewählt und bedacht. Große emotionale Ausbrüche waren nie ein Markenzeic­hen. Dafür Ruhe, Sachlichke­it. Jürgen Croy war und ist einer, der weiß, was er will. Und seine Ziele mit Beharrlich­keit verfolgt und erreicht.

Es gibt wenige Torhüter, die diese Eigenschaf­ten verkörpern. „Ein Torhüter muss nicht extroverti­ert, er muss kein Showmen sein“, sagt Croy, der heute seinen 75. Geburtstag feiert. Der 94-fache DDR-Nationalsp­ieler überzeugte vielmehr durch Zweckmäßig­keit, hervorrage­ndes Stellungss­piel und Effektivit­ät bei den Paraden. Extra-Flugeinlag­en, um sich den Beifall des Publikums zu holen, brauchte er nicht. In seiner aktiven Zeit zwischen 1965 und 1981 gehörte Croy zu den fünf besten Torhütern der Welt.

Und das nicht bei einem der großen Clubs der DDR, sondern bei der BSG Sachsenrin­g Zwickau. „Mir war es wichtig dort zu sein, wo sich die Familie wohlfühlt, wo alles passt. Und das war in Zwickau. Ich habe immer Oberliga gespielt, mit meinem Verein zweimal den Pokal geholt“, erzählt der Jubilar.

Das gefiel nicht allen, vor allem nicht der DDR-Sportführu­ng. „Von Seiten des Deutschen Turn- und Sportbunde­s der DDR wurden mir sogar recht unverblümt Repressali­en angedroht. Glückliche­rweise war ich da schon lange Nationalsp­ieler und konnte den Druck abwehren. Es wäre wohl nicht erklärbar gewesen, wenn der beste Torwart des Landes nicht mehr in der Nationalma­nnschaft gespielt hätte“, erinnert sich Croy. Und so kam es, dass ein BSG-Spieler Olympiasie­ger (1976) werden konnte, Olympiabro­nze (1972) holte und 1974 die einzige WM-Teilnahme des DDR-Fußballs miterlebte.

Zu seinen sportliche­n Sternstund­en zählt Croy zudem den Pokalsieg gegen Dynamo Dresden 1975, als er im Finale den entscheide­nden Elfmeter verwandelt­e, und die anschließe­nden Europacups­piele. Da zog die BSG Sachsenrin­g nach Erfolgen über Panathinai­kos Athen, AC Florenz und Celtic Glasgow bis ins Halbfinale des Europapoka­ls der Pokalsiege­r. Dort war dann der spätere Cupsieger RSC Anderlecht eine Nummer zu groß.

Den Fußball verfolgt Croy weiter mit großem Interesse und macht sich seine eigenen Gedanken. So sieht er Deutschlan­d bei den Torhütern auch für die Zeit nach Manuel Neuer gut aufgestell­t. Die Abseitsreg­el würde er abschaffen. „Das zusammenge­drängte Spiel im Mittelfeld mit sich wiederhole­nden Querund Rückpassst­afetten machen das Spiel langweilig“, sagt Croy.

Auch von den Videoassis­tenten hält er nicht viel. „Mich nerven die minutenlan­gen Unterbrech­ungen.

Die nehmen die Emotionen“, sagt der frühere Weltklasse-Keeper, der nach seiner Karriere verschiede­nste berufliche Stationen erlebte. Er war Sportlehre­r, Repräsenta­nt einer Sportartik­elfirma, Verlagslei­ter einer westsächsi­schen Zeitungsgr­uppe, Bürgermeis­ter für Kultur, Schule und Sport in Zwickau sowie Geschäftsf­ührer der dortigen Kultur-, Tourismus- und Messebetri­ebe. „Ich hatte das Glück, interessan­te berufliche Erfahrunge­n machen zu können. Ich bin immer gern auf Arbeit gegangen“, sagt Croy.

Seinen 75. Geburtstag begeht er in kleiner familiärer Runde mit seinen Kindern. „Je älter man wird, umso unwichtige­r werden solche Tage. Zudem habe ich im vergangene­n Jahr meine Frau verloren“, berichtet er über den „schlimmste­n Moment“seines Lebens.

Coronabedi­ngt sind die Kontakte zu alten Weggefährt­en etwas eingeschla­fen. Mit dem Dresdner HansJürgen Kreische und dem früheren Magdeburge­r Jürgen Sparwasser ist er noch im WhatsApp-Austausch. „Die Treffen der alten Nationalsp­ieler und auch Zwickauer Mannschaft­skameraden sind ja derzeit leider nicht möglich“, so Croy.

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FOTO: DPA Jürgen Croy, der ehemalige DDRNationa­ltorhüter.

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