Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Geht es noch dreister?
Zum Beitrag „Einwanderer für den Arbeitsmarkt“(OTZ, 15.10.2021).
Was ist das für eine geschichtsignorante Zukunftsstrategie? Auf Kosten der armen Länder den eigenen Wohlstand sichern und mehren. Seit Jahren fordern alle an der Macht befindlichen oder danach strebenden Parteien Zuwanderung in Form möglichst gut ausgebildeter Fachkräfte aus den Ländern der sogenannten dritten Welt. Die vielen Flüchtlinge der westlichen „Befreiungskriege“werden diesem Anspruch kaum gerecht, die will man nicht. Anstatt im eigenen Land der Bildung höchste Priorität beizumessen und das Arbeitslosenheer abzubauen, wird über die Scheinheiligkeit der „Entwicklungshilfe“das Ergebnis dessen gleich wieder zum eigenen Nutzen abgeworben. Oder noch schlimmer, Zuwanderung aus Ländern, die keinerlei Entwicklungshilfe erhalten, deren Humankapital rauben. Das ist Kolonialismus im 21. Jahrhundert, der sich nur dadurch vom Kolonialismus der vergangenen Jahrhunderte unterscheidet, dass man heute die modernen „Sklaven“nicht mehr mit Waffengewalt ins Land holt, sondern mit Geld und Wohlstand („Freiheit“) lockt. Verantwortungsvolle Außenpolitik würde sich unter anderem darin zeigen, dass die ehemaligen Kolonialmächte ihre sogenannten „Auslandseinsätze“in friedliche Entwicklungshilfeprojekte als Wiedergutmachung für koloniale Unterdrückung und Ausbeutung umfunktionieren. Militärische Einsätze dürften nur der Absicherung dieser Mission dienen. Und jede ehemalige Kolonialmacht sollte nur die Länder mit ihrer Anwesenheit „beglücken“, für die sie auch historische Verantwortung trägt. Das würde für Deutschland bedeuten, raus aus Mali und den Kriegsschauplätzen des Nahen Ostens und auf die eigene „Vergangenheit“konzentrieren. Als Ergebnis des 2. Weltkrieges ist wohl auch noch einiges an Wiedergutmachung im Osten und Süden Europas zu leisten. Die gegenwärtige Russlandpolitik zum Beispiel trägt dem keinesfalls Rechnung. (gekürzt) Lothar Burghoff, Hummelshain