Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Schröders Rechnung
Die NBA ist für den besten deutschen Basketballer vor allem Chance zur Eigenwerbung
Im Grunde hatte Deutschlands bester Basketball-Profi vor dem Saisonstart in der NBA ja auch gar keine andere Chance: Dennis Schröder musste die Entwicklungen der vergangenen Monate positiv sehen und nach vorne schauen. Im Millionen-Poker mit den Los Angeles Lakers verzockte er sich komplett. Wegen unlösbarer Versicherungsfragen verpasste er die Olympia-Teilnahme mit dem deutschen Team in Tokio.
Bei den Boston Celtics spielt er nun zwar wieder bei einem der beiden Rekordmeister der NBA (auch die Lakers haben 17 Titel), aber eben auch für ein Team im Umbruch, ohne echte Chance auf die Meisterschaft und für ein verbeiden gleichsweise bescheidenes Jahresgehalt von rund sechs Millionen Dollar. Bescheiden in Relation zu den 84 Millionen für vier Jahre, die die Lakers dem Vernehmen nach im Frühjahr zu zahlen bereit waren.
„Ich bin 28 und werde noch lange Zeit in der NBA spielen. Geld ist nicht alles“, sagte er. Der Vertrag in Boston läuft nun erstmal nur für diese eine Saison, und Schröders Rechnung könnte in etwa so gehen: bei den Celtics überzeugen, wieder so begehrt werden wie in seinem starken letzten Jahr bei den Oklahoma City Thunder und dann als ablösefreier Profi bei einem NBA-Team unterschreiben, bei dem das Gesamtpaket passt – sportlich, finanziell und für die Familie.
Aus Beobachter-Perspektive war es ja ziemlich erstaunlich zu sehen, dass Schröder darauf verzichtete, weiter an der Seite von Superstar LeBron James und Anthony Davis zu spielen und ein fürstliches Jahresgehalt zu kassieren. Als er sich in Boston vorstellte, verwies er aber auch darauf, dass er besagten Vertrag nie wirklich vor sich liegen hatte. Die sportliche Chemie mit den Alphatieren der Lakers war wohl auch einfach nicht da.
Auf seinem Youtube-Kanal gibt sich Schröder seit der Ankunft in Boston nun alle Mühe, seinen Fans neben dem Blick hinter die Kulissen und ins Familienleben mit den zwei Kindern und seiner Frau auch die Lust zu vermitteln, die er auf dem Spielfeld verspürt. „Dennis ist voll motiviert“, sagt Ellen Schröder.
Und wer weiß, vielleicht klappt es mit dem neuen Trainer Ime Udoka und an der Seite von Jayson Tatum, Marcus Smart und Jaylen Brown ja sogar so gut, dass sich Schröder in Boston das Trikot mit der Nummer 71 auch eine zweite Saison anzieht und dabei mehr Geld verdient als in dieser Spielzeit.