Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Josephine Wrensch schafft Novum
Bei den nationalen Titelkämpfen holt die junge Ringerin des 1. SV Pößneck den Meistertitel
Ringen hat in Pößneck Tradition. Bei den letzten DDR-Meisterschaften 1990 erlangte Andre Tjuljumbow im Trikot des SV Fortuna die Goldmedaille. Ein Jahr zuvor schaffte er mit Platz sieben bei den Europameisterschaften das beste internationale Resultat für die Stadt. Auch nach der Wiedervereinigung waren die Pößnecker Mattenkünstler bei nationalen Titelkämpfen vorn mit dabei. So wurde Tobias Näther im Jahr 2000 Vizemeister. Mit seiner Teilnahme 2002 endete allerdings die Ära Pößnecker Ringer bei Deutschen Meisterschaften. Bis zu diesem Jahr.
Mit Hendrik Jahn und den Geschwistern Josephine und Joey Wrensch qualifizierten sich gleich drei Nachwuchsringer, mittlerweile im Trikot des 1. SV Pößneck, für das Championat. Während die beiden Jungs mit Platz fünf beziehungsweise sechs bereits ein Zeichen setzten, schaffte Josephine Wrensch eine Woche später den ganz großen Wurf. Bei der weiblichen Jugend B war in Dormagen an der 14-jährigen Freistilringerin kein Vorbeikommen – der erste Deutsche Meistertitel eines Pößnecker Ringers.
Landestrainer Hartmut Reich hatte diesen Triumph wohl kommen sehen. Auf Josephines Wunsch, einen Podestplatz zu erreichen, erwiderte er recht zuversichtlich: „Du kannst ganz oben mit angreifen.“Erwartungsdruck, dem die seit ihrem siebten Lebensjahr ringende Josephine Wrensch mit Bravour standhielt.
Die Anspannung war dennoch allgegenwärtig: „Ich war vor den Kämpfen immer sehr aufgeregt, das hat sich erst auf der Matte gelegt.“Auf dieser gewann sie beim Meisterschaftswochenende bereits Freitagabend ihren ersten Kampf. Am Samstag folgte nach einem weiteren Sieg und der verletzungsbedingten Aufgabe einer Gegnerin das vorentscheidende Duell gegen eine bis dato ebenfalls ungeschlagene Sportlerin. Beim Stand von 4:2 für die Pößneckerin gelang ihrer Gegenüber eine finale Wertung, die nach Auswertung des Kampfgerichtes allerdings nicht mehr in der Zeit absolviert wurde. Der letzte Kampf dann nur noch Formsache, Josephine Wrensch hatte es geschafft, holte Gold.
War die Freude in der Turnhalle noch verhalten, löste sich auf der Heimfahrt sämtliche Anspannung, sagt Mutti Susanne Wrensch, Abteilungsleiterin Ringen beim 1. SV Pößneck. Bereits eine Woche zuvor fieberte sie mit Sohn Joey mit.
Der 13-Jährige hatte gemeinsam mit dem 14-jährigen Hendrik Jahn seinen Meisterschaftswettkampf in Baden-Württemberg. Für die beiden Jungs absolutes Neuland. „Schon etwas Besonderes mit Hotel und dem ganzen Drumherum. Auch die Zuschauer auf den Tribünen waren toll“, sagt Joey Wrensch.
Für das qualitativ stark besetzte Turnier, das aufgrund der Coronapandemie vom Frühjahr in den Herbst verschoben wurde, nahm der Bruder von Josephine extra drei Kilo ab, um in der Gewichtsklasse bis 41 kg starten zu können. Und fast wäre ihm ein noch besseres Resultat gelungen. Beim 6:6 gegen den späteren Dritten verlor der Pößnecker nur aufgrund der letzten Wertung für den Gegner, im Kampf gegen den späteren Titelträger machte dem jungen Freistilringer die Entscheidung des Kampfgerichtes einen Strich durch die Rechnung. Dieses stellte fest, dass Joey vor Beginn einer gelungenen Wertung mit dem Fuß außerhalb der Matte stand. Eine beantragte Challenge des Thüringer Landestrainers brachte keine Änderung, Joey verlor den Kampf. „Ich habe es akzeptiert, war aber enttäuscht.“Am Sonntag reichte es dann für einen guten sechsten Platz.
Eine Position besser schnitt Hendrik Jahn in seiner Gewichtsklasse ab. Trotz einer im Kampf zugezogenen Schulterverletzung, sorgte er für großen Jubel bei seiner Familie, die alles zuhause via Livestream mitverfolgte.
Begeistert vom Auftritt der Schützlinge zeigt sich Vereinsvorsitzender Helmut Herrmann: „Ich bin stolz nur einmal auf die Truppe und die Abteilung Ringen, die viel Aufwand und Herzblut hineinsteckt.“
Er ergänzt mit einem Lachen: „Das nächste Mal setzen wir Fanbusse ein.“Dass der Leistungssport im Landkreis auf politscher Ebene so wenig Beachtung erfährt, ärgert ihn und Susanne Wrensch gleichermaßen. Das ist in benachbarten Regionen wie beispielsweise Jena oder Greiz ganz anders. Dort erzielten Papa Johannes Wrensch (TuS Jena) und Bruder Joel (RSV Rotation Greiz) ihre größten Erfolge bei einer Deutschen Meisterschaft. Den vorläufig goldenen i-Punkt setzte Josephine Wrensch – ein Novum sie und die Stadt Pößneck.