Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Sieben Filialen verschwinden
Vorstandschef der Sparkasse Gera-Greiz zu Standortfragen und der Lage am Finanzmarkt
Hendrik Ziegenbein ist seit dem Frühjahr Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Gera-Greiz. Im November reduziert das Kreditinstitut die Zahl seiner Filialen von 26 auf 19. Im Interview äußert sich der Vorstandschef zu den Gründen, zur Geschäftsentwicklung und zu Niedrigzins- und Inflationssorgen.
Im kommenden Monat stehen für die Sparkasse Gera-Greiz große Veränderungen an. Wie entwickeln sich die Zahlen ihres Hauses?
Die Sparkasse Gera-Greiz entwickelt sich im Kundengeschäft sehr gut. Sowohl im Brutto-Neugeschäft Kredit, also den Darlehen, die wir ausreichen, als auch in der Vermögensbildung rechnen wir mit einer Steigerung um 35 Prozent. Noch eine interessante Zahl ist das NettoNeugeschäft im Wertpapierbereich, vorrangig in Wertpapierfonds. Da liegen wir Mitte Oktober bei 67,5 Millionen Euro. Im gesamten letzten Jahr waren es hier 14,5 Millionen Euro, das ist eine Steigerung von über 360 Prozent. Das ist enorm und deutet auch darauf hin, dass sich die Einstellung der Kunden zu Wertpapieren verändert hat. Im Vergleich der 16 Thüringer Sparkassen sind wir hinsichtlich der Kostensituation auf einem Spitzenplatz. Beim Betriebsergebnis vor Bewertung liegen wir aktuell in etwa beim Thüringen-Durchschnitt.
Wie wirkt sich die Pandemie aus?
Unsere Kunden sind bisher weitgehend von Auswirkungen der Krise verschont geblieben. Auch dank der staatlichen Hilfen. Diese Maßnahmen haben gewirkt. Die Situation ist aktuell nicht so, dass wir höhere Kreditausfälle zu befürchten hätten.
Worin liegen die Gründe für die Standortschließungen?
In den letzten 20 Jahren hat sich einiges verändert. Wir haben die Digitalisierung, Selbstbedienungstechnik oder auch das bargeld- und kontaktlose Bezahlen. Die Online-Banking-Quote unserer Kunden liegt heute bei 55 Prozent. Das veränderte Kundenverhalten ist der Grund, warum wir jetzt handeln. Sieben
Standorte werden mit benachbarten Filialen zusammengelegt.
Werden Stellen abgebaut?
Die Veränderungen dienen in erster Linie nicht der Kosteneinsparung. Ich rede bewusst nicht von Schließungen, denn es wird kein einziger Mitarbeiter abgebaut.
Inwiefern bereiten Ihnen die Niedrigzins-Politik der EZB und die Entwicklung der Inflation Sorgen?
Sowohl der Niedrigzins, als auch die Inflation machen uns als Kreditinstitut große Sorgen. Der Zins bildet nicht mehr das Marktgeschehen ab, sondern der Zins ist verzerrt durch die Politik der EZB, insbesondere durch die Aufkaufprogramme. So deutlich muss man das leider sagen. Das Zinsniveau wird künstlich niedrig gehalten. Dies führt auch zu inflationären Entwicklungen. Auch das baden am Ende leider die Kunden aus.
Wird es in 20 Jahren noch Bankfilialen geben?
Eine Prognose ist relativ schwierig. Wir werden mit Sicherheit einen Wandel erleben. Beim beratungsintensiven Geschäft, etwa Baufinanzierung oder Altersvorsorge, wird die Filiale auch zukünftig ihre Daseinsberechtigung haben.
Das vollständige Interview finden Sie online unter otz.de/wirtschaft