Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
SPD will zwei Frauen für die Spitze des Bundestags
Fraktion schlägt Duisburgerin Bärbel Bas für zweithöchstes Amt im Staat vor. Aydan Özoguz aus Hamburg soll Vize werden
Deutschland soll zum dritten Mal eine Bundestagspräsidentin bekommen: Der geschäftsführende Vorstand der SPDFraktion empfiehlt die Abgeordnete Bärbel Bas für das Amt, wie ein Fraktionssprecher am Mittwoch sagte. Die frühere Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz soll demnach für das Amt der Bundestagsvizepräsidentin kandidieren. Der geschäftsführende Fraktionsvorstand billigte die Personalvorschläge von Fraktionschef Rolf Mützenich dem Sprecher zufolge einstimmig. Gewählt wird das neue Bundestagspräsidium in der konstituierenden Sitzung am kommenden Dienstag.
Die Nominierung von Bärbel Bas als Bundestagspräsidentin ist für viele Beobachter der Bundespolitik keine große Überraschung. Die 53jährige Duisburgerin ist eine klassische Bildungsaufsteigerin. Bas ist mit fünf Geschwistern in Duisburg aufgewachsen. Nach dem Hauptschulabschluss
lernte sie Schweißen und Feilen auf einer Berufsfachschule, dann wurde sie Bürogehilfin bei der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG). In der DVG-Krankenkasse absolvierte sie eine weitere Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten. Danach machte sie Fortbildungen zur Krankenkassen-Betriebswirtin und zur Personalmanagement-Ökonomin. Schließlich leitete sie den Personalservice der Betriebskrankenkasse. 2009 wurde Bas in den Bundestag gewählt – per Direktmandat. Gleichermaßen beharrlich verlief ihr Aufstieg in der SPD. 1998 trat sie in die Partei ein. Von 2009 bis 2018 war sie Mitglied im Sprecherkreis der RuhrSPD, seit 2010 auch Vorsitzende des Landesparteirats. Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion wurde sie 2013, Fraktionsvize ist Bas seit September 2019. Im Bundestag vertrat sie die SPD zuletzt im Gesundheits-, Petitionsund Vermittlungsausschuss.
Dass Bas ihr Direktmandat in Duisburg viermal souverän mit deutlich mehr Erststimmen holte, als die SPD-Zweitstimmen bekam, belegt die Beliebtheit und den Respekt, den sie bei den Bürgern genießt. Bas ist den Menschen präsent, sie gilt als nahbar und uneitel.
Allein 15-mal trat Bas zu CoronaThemen ans Rednerpult des Bundestags. Als SPD-Gesundheitsfachfrau stand sie aber stets im Schatten ihres Parteifreundes Karl Lauterbach. Es passt zu Bas’ Naturell, dass sie diese Aufgabenteilung ohne Groll und Neid akzeptiert. „Diese Medienpräsenz würde ich bei mei- ner Arbeit gar nicht schaffen“, sagte sie unlängst unserer Redaktion.
Mit ihrer wohl künftigen Stellver- treterin Aydan Özoguz verbindet Bas, dass beide seit 2009 einen Sitz im Bundestag haben. Die 54-jährige Hamburgerin Özoguz war von 2013 bis 2018 Beauftragte der Bun- desregierung für Migration, Flücht- linge und Integration. Sie gehört zu- dem dem SPD-Präsidium an. Von 2011 bis 2017 war sie Parteivize.
Das Amt des Bundestagspräsi- denten oder der Bundestagspräsi- dentin wird traditionell von der stärksten Fraktion besetzt. Nach der Bundestagswahl ist dies die SPD. Zuletzt hatte es in der Partei die Forderung gegeben, das Amt weiblich zu besetzen.