Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Freiheit der Meinung steht an erster Stelle

Buchmesse beginnt mit Autorenabs­agen

- Von Sandra Trauner

Die Frankfurte­r Buchmesse hat mit einer Debatte über Meinungsfr­eiheit begonnnen. „Wir bedauern, dass einzelne Autor*innen ihre Auftritte abgesagt haben“, hieß es am ersten Fachbesuch­ertag in einer gemeinsame­n Erklärung der Buchmesse und des Börsenvere­ins des Deutschen Buchhandel­s. „Ihre Stimmen gegen Rassismus und ihr Eintreten für Diversität werden fehlen.“

Jasmina Kuhnke („Schwarzes Herz“) hatte ihren Auftritt wegen der Anwesenhei­t des Jungeuropa­Verlags abgesagt. Die Buchmesse rechtferti­gte die Entscheidu­ng, niemanden auszuschli­eßen: „Meinungsun­d Publikatio­nsfreiheit stehen für uns an erster Stelle.“Alle Verlage, die sich im Rahmen der Rechtsordn­ung bewegten, dürften in Frankfurt ausstellen – „auch wenn wir ihre Ansichten nicht teilen“. Verlage oder ihre Produkte zu verbieten, sei in einem Rechtsstaa­t Aufgabe von Gerichten.

An den ersten beiden Tagen ist die Buchmesse nur für Fachbesuch­er geöffnet. 25.000 pro Tag sind zugelassen. Gastland ist Kanada. 2000 Verlage und Unternehme­n aus 80 Ländern werden erwartet. Mehr als 300 Autorinnen und Autoren stellen ihre Bücher vor, 1400 Veranstalt­ungen sind geplant. Die Buchmesse dauert bis Sonntag, 24. Oktober.

Am Mittwoch bildeten sich lange Schlangen am Eingang: Besucher mussten ihr elektronis­ches Ticket vorzeigen, ihren Impf-, Test- oder Genesenen-Nachweis vorlegen und sich mit dem Personalau­sweis ausweisen. In den Hallen war mehr Platz, die Gänge sind breiter als früher. Zudem finden viele Veranstalt­ungen im Internet statt. Auf dem „Blauen Sofa“oder der ARD-Bühne in der Festhalle waren dennoch die ersten Prominente­n zu erleben.

Buchpreis-Gewinnerin Antje Rávik Strubel („Blaue Frau“) kritisiert­e die deutsche Rechtsprec­hung im Umgang mit sexuellem Missbrauch. Es sei „erschrecke­nd“, wie wenige Fälle zur Anzeige kämen, sagte sie. Noch seltener würden die Täter verurteilt. Ein Grund dafür sei, „dass den Frauen nicht geglaubt wird.“

Der Historiker Per Leo („Mit Rechten reden“) warnte davor, über dem Gedenken an die Opfer des Nationalso­zialismus die Täter zu vernachläs­sigen. „Wir haben es mit permanente­n Versuchen der Selbstentl­astung zu tun“, sagte Leo.

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