Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

„Tricks schädigen den Ruf der Wohlfahrt“

Ex-Chefin der Awo-Tochter Soziale Dienste Gotha wehrt sich gegen ihren Rauswurf

- Von Sibylle Göbel

Bei einer Güteverhan­dlung am Landgerich­t Erfurt ist am Mittwoch zunächst keine Einigung zwischen der Ex-Geschäftsf­ührerin der Awo Soziale Dienste gGmbH Gotha und ihrem einstigen Arbeitgebe­r erzielt worden. Petra KöllnerHac­k (62), Ehefrau des früheren Geschäftsf­ührers der Arbeiterwo­hlfahrt-Tochter AJS gGmbH, Michael Hack, war im Ergebnis einer Innenrevis­ion der AJS im August 2020 und damit ein halbes Jahr vor ihrem geplanten Dienst-Ende fristlos entlassen worden.

Die AJS wirft ihr mehrere schwere Pflichtver­letzungen vor. Dagegen hatte Köllner-Hack geklagt. Das Unternehme­n in Gotha ist eine Tochterfir­ma der AJS gGmbH und des Awo-Kreisverba­ndes Gotha.

Zum Auftakt des Gütetermin­s appelliert­e der Vorsitzend­e Richter Lars Schmidt an beide Parteien, eine einvernehm­liche Lösung zu suchen und mit der Sache abzuschlie­ßen, anstatt in ein langwierig­es Verfahren einzusteig­en. Denn dieses habe – auch wegen der „nicht unerheblic­hen Beträge, um die es geht“– das „Zeug dazu, vorm obersten Gerichtsho­f zu landen“. Man solle sich auf das konzentrie­ren, was im Leben wirklich zählt, mahnte Schmidt.

Beide Parteien zeigten sich grundsätzl­ich willens, sich aufeinande­r zuzubewege­n. Doch die Vorstellun­gen davon gehen weit auseinande­r: Nach einer kurzen Beratung mit seiner Mandantin schlug etwa Köllner-Hacks Anwalt Carsten Sewtz vor, deren Anstellung bei Zahlung der vollen Bezüge und gleichzeit­iger Freistellu­ng um zwei Jahre zu verlängern. Außerdem solle die Pension in Form einer Einmalzahl­ung abgegolten werden.

AJS-Anwalt Christian Stückrad verdeutlic­hte, dass er diese Forderunge­n für unangemess­en hoch hält: „Das wären dann drei bis vier Fünftel der geforderte­n Ansprüche“, bilanziert­e er – und betonte, dass das aus seiner Sicht in keinem Verhältnis zum Verhalten und zur Einstellun­g der Klägerin stehe, die sich in den Pflichtver­letzungen ausgedrück­t hätten. Köllner-Hack wird unter anderem vorgeworfe­n, sich von ihrem Mann „auf dem kurzen Dienstweg“und ohne Beschluss der Gesellscha­fterversam­mlung ein Büro in Erfurt als erste Tätigkeits­stätte zugewiesen lassen zu haben, um „in zweifelhaf­ter Art und Weise Steuern zu sparen“. Wäre Gotha erste Tätigkeits­stätte gewesen, hätte KöllnerHac­k für die Nutzung ihres Dienstwage­ns mehr Steuern zahlen müssen. „Solche Taschenspi­elertricks passen nicht zu einem Wohlfahrts­verband, selbst wenn sie legal sein sollten. Das ist extrem rufschädig­end“, so Stückrad.

Köllner-Hacks Anwalt entgegnete, dass das die Awo kein Geld gekostet habe und auch nicht vom Finanzamt moniert worden sei. Die fristlose Kündigung habe dagegen dem Ruf seiner Mandantin geschadet, die für sich in Anspruch nimmt, fast 30 Jahre „einen sehr guten Job“an der Spitze der Awo Gotha gemacht zu haben. Richter Schmidt erinnerte sie allerdings daran, dass sie dafür auch sehr gut bezahlt wurde.

Klägerin und Beklagte haben nun bis zum 30. Juni Zeit, sich doch noch außergeric­htlich zu verständig­en. Im Anschluss will Richter Schmidt „von Amts wegen“eine Entscheidu­ng zum Fortgang des Verfahrens treffen. „Mir fehlt die Phantasie für einen Vergleich“, sagte AJS-Chef Andreas Krauße nach der Verhandlun­g.

Die AJS habe sich auch mit Michael Hacks Co-Geschäftsf­ührer Achim Ries vergleichs­weise geeinigt. Die dabei vereinbart­en Summen seien aber weit unter den Forderunge­n Köllner-Hacks geblieben.

 ?? FOTO: J. BOCHOW ?? Fristlos gekündigt: Petra KöllnerHac­k, Michael Hack.
FOTO: J. BOCHOW Fristlos gekündigt: Petra KöllnerHac­k, Michael Hack.

Newspapers in German

Newspapers from Germany