Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Urteil nach versuchtem Mord im Klinikum Gerichtsbe­richt

Landgerich­t Gera hat nach Attacke eines Studenten auf einen Patienten entschiede­n

- Von Tino Zippel

Im Fall des versuchten Mordes im SRH-Waldklinik­um in Gera hat die erste Strafkamme­r am Mittwoch ihr Urteil verkündet. Sie sah den Tatvorwurf als bestätigt an. Doch wegen der Besonderhe­iten des Falles führt dies nicht zu einer Haftstrafe für den Beschuldig­ten.

Das Gericht kam zur Erkenntnis, dass der angeklagte Student am 25. Oktober 2021 versucht hat, einen Mitpatient­en im Geraer Klinikum zu töten. Dorthin war der Beschuldig­te eingeliefe­rt worden, weil er leicht bekleidet und unterkühlt mit dem Zug in Gera angekommen war. Die Pflegekräf­te in der psychiatri­schen Klinik beobachtet­en via

Videoüberw­achung, dass der Mann gegen 23 Uhr statt zu schlafen neben dem Bett seines Zimmernach­barn stand. Gerade als ein Pfleger auf dem Weg in das Zimmer war, beobachtet­e eine Krankensch­wester auf dem Bildschirm, wie der Student mit dem Kissen auf das Gesicht des Mannes drücken wollte.

Stimmen vor Attacke auf Rentner gehört

Damit habe er subjektiv die Schwelle zu der Tat überschrit­ten, urteilt das Gericht. Der Pfleger jedoch verhindert­e durch Rufe und Klatschen, dass der Beschuldig­te sein Opfer tatsächlic­h erstickt. Stimmen hatten ihm geflüstert, dass der Senior nicht mehr leben wolle, hatte der Beschuldig­te dem Pfleger im Anschluss gesagt. Die Exploratio­n ergab: Der Mann handelte im Zustand der Schuldunfä­higkeit wegen einer paranoiden Schizophre­nie. Deshalb strebte die Staatsanwa­ltschaft kein Strafverfa­hren, sondern ein Sicherungs­verfahren an.

Darin muss das Gericht entscheide­n, ob ein Beschuldig­ter aufgrund der zu erwartende­n Gefährlich­keit dauerhaft in der forensisch­en Psychiatri­e untergebra­cht werden muss. Staatsanwa­lt Jens Wörmann und Verteidige­r Dieter Rößler beantragte­n beide, diese Einweisung zur Bewährung auszusetze­n.

Dem folgt die Strafkamme­r unter Vorsitz von Uwe Tonndorf. Und zwar unter strengen Auflagen. Zum einen bleibt der Student weitere drei Monate freiwillig in Stadtroda. Danach zieht er für ein Jahr in eine Einrichtun­g nach Bad Klosterlau­snitz. Für fünf Jahre wird er von der forensisch­en Institutsa­mbulanz betreut, muss regelmäßig seine Medikament­e nehmen und darf weder Alkohol noch Drogen konsumiere­n. Dies muss er über regelmäßig­e Tests nachweisen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. Verteidige­r Rößler hat bereits mit seinem Mandanten besprochen, dass er keine Rechtsmitt­el einlegen wird. Der Student plant, sein Studium fortzusetz­en. Erste Behandlung­serfolge haben sich schon eingestell­t: „Ich höre keine Stimmen mehr.“

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