Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Alles kommt auf den Prüfstand

Zukunft von Köstritzer Spiegelzel­t ungewiss. Sicher ist: Das Publikum liebt Anna Mateur

-

Wieland an Graf Görtz

Gerlinde Sommer

Weimar. Wie weiter? Vor diese Frage gestellt sieht sich Martin Kranz. Er ist Intendant und Produzent des Köstritzer Spiegelzel­ts in Weimar, das am Sonntag die 18. Saison beendet hat. Ob es 2023 weitergeht? Kranz lässt das offen. Zugleich macht er deutlich, dass er alles auf den Prüfstand stellen will, um das Festival zukunftsfä­hig zu machen. Und auch die Vertreteri­n der Köstritzer Schwarzbie­rbrauerei verdeutlic­ht, wie wichtig ihrem Unternehme­n dieses Festival ist. Zugleich weiß sie um die Unwägbarke­iten, die sich in der Unterhaltu­ngsbranche auftun.

Es sind keine leichten Zeiten für jene Wirtschaft­szweige, die sich um die heiteren Seiten des Lebens verdient machen wollen. Denn anders als erwartet halten sich Besucherin­nen und Besucher weiterhin zurück. Sie haben sich während der Coronazeit zurückgezo­gen ins Häusliche. Nun will mancher gar nicht mehr raus am Abend. Das ist kein Weimarer oder Thüringer Phänomen; das ist überall zu beobachten – in Stadien, großen und kleinen Sälen und eben auch im Spiegelzel­t. Dass es aktuell auch deshalb sehr viel schwierige­r ist, über die Runden zu kommen, weil einerseits die Kosten für Technik und Personal steigen, anderersei­ts die Besucherza­hlen niedrig sind, davon ist in der gesamten Branche die Rede. Oder wie Jule Balandat, Sängerin am Standbass der „Zucchini Sistaz“, sagt: „Halbvoll ist das neue Voll.“

Viel Beifall gab es am Finalabend für die „Zucchini Sistaz“, die als Damentrio dem Publikum ein großes Vergnügen bescherten mit Liedern von der Nord- bis zur Südsee, von Meer und dem Fernweh. Doch nicht jede Veranstalt­ung war so gut besucht wie die der „Sistaz“. Die Auslastung lag – wenn alle 43 Veranstalt­ungen einberechn­et werden – bei knapp 65 Prozent. Nötig sind eigentlich mehr als 90 Prozent, heißt es. Es kommt also auf jede einzelne verkaufte Karte an. Die Entscheidu­ng, dieses Jahr das Festival stattfinde­n zu lassen, war richtig, sagt Kranz. „Die Künstler bestätigte­n das; und die mehr als 15.000 Gäste genossen die neue Freiheit sichtlich und bedankten sich häufig – für einen oder sogar mehrere wunderschö­ne Abende, die sie mit Musik, Theater und Kabarett verbringen konnten“, stellt Kranz fest. Aber dass sich das Festival 2022 überhaupt rechne, liege mit am Bundesförd­erprogramm „Neustart Kultur“, betont der Intendant. Sein Festival schließe nur deshalb ohne Verluste ab, erklärt er am Morgen nach dem Auftritt der „Zucchini Sistaz“, weil es diese Mittel gibt. Kleiner Blick zurück: Die Jahre 2020/21 waren, so Kranz, geprägt von Ungewisshe­it, Unberechen­barkeit, Angst und viel Arbeit. Gefragt gewesen seien Mut und Risikobere­itschaft, positives Denken, Flexibilit­ät und vor allem Hoffnung. Und dass es

2022 schwierig werden würde, hatte er – wie von dieser Zeitung berichtet – schon im

Vorfeld und auch zur Halbzeit betont. Nun nimmt sich Kranz die Zahlen vor. Alle. Schließlic­h ist es ein privatwirt­schaftlich­es Unternehme­n, das Kranz da im Zelt auf dem Beethovenp­latz betreibt. Und was er macht, muss sich rechnen. Eine Hilfe könnte sein, wenn das Bundesprog­ramm „Neustart Kultur“fortgeschr­ieben würde. Und zwar nicht nur für das Jahr 2023, sondern auch für 2024.

Kranz verweist in diesem Zusammenha­ng auf den Bundesverb­and der Konzert- und Veranstalt­ungswirtsc­haft. Dieser habe bereits das Bundesfina­nzminister­ium angeschrie­ben, das anscheinen­d von den 2,5 Milliarden Euro im Sonderfond­s nur 500 Millionen abgerufen worden sind. „Um Veranstalt­er auch im Jahr 2023 und 2024 gegen mögliche pandemiebe­dingte Ausfälle abzusicher­n, muss das bisher unverbrauc­hte Geld ins nächste Jahr übertra

Anna Mateur gewinnt die Marlene 2022, den Publikumsp­reis des Spiegelzel­tes. gen werden, statt zurück in den Bundeshaus­halt zu fließen. Nur dann ist eine gewisse Planungssi­cherheit für nächstes Jahr gegeben“, lässt Kranz wissen. Unter solchen Voraussetz­ungen fiele es ihm leichter, das Köstritzer Spiegelzel­t weiter bestehen zu lassen. Wie genau der Fortbestan­d gelingen soll, wird Kranz sagen können, wenn er sich seine Zahlen kritisch zu Gemüte geführt hat. Und wenn er weiß, ob es Mittel vom Bund gibt. Bisher jedenfalls hat er – anders als in Vor-Corona-Zeiten – noch keine Verträge für 2023 geschlosse­n.

Zum Köstritzer Spiegelzel­t gehört die Marlene. Das ist der Publikumsp­reis. 2022 geht er erneut an Anna Mateur. Knapp 2000 Besucher nahmen an der Wahl teil. Daphne de Luxe und Onair landeten auf den Plätzen 2 und 3. Katja Walther von der Köstritzer Schwarzbie­rbrauerei sagt: „Das Publikum liebt das Festivalko­nzept, auch in angespannt­en Zeiten muss es weitergehe­n. Gern wollen wir als Partner der ersten Stunde hierzu beitragen und auch im kommenden Jahr das Festival unterstütz­en“. Ob es so kommt, ist aber noch offen …

„Die Bedingunge­n (...) sind sehr annehmbar. Eine Pension von 1000 Ecus per la vita, (...) eine von 300 Ecus für meine Frau oder meine Kinder im Falle meines Todes (...) Ich würde jedoch noch einen kleinen Posten hinzufügen: (...)

 ?? STEFAN KRANZ ?? Zauberhaft: die „Zucchini Sistaz“. Im Weimarer Spiegelzel­t gestaltete­n sie das Finale 2022.
STEFAN KRANZ Zauberhaft: die „Zucchini Sistaz“. Im Weimarer Spiegelzel­t gestaltete­n sie das Finale 2022.
 ?? ?? www.lesezeiche­nev.de lesarten-weimar.de.
www.lesezeiche­nev.de lesarten-weimar.de.
 ?? STEFAN KRANZ ??
STEFAN KRANZ

Newspapers in German

Newspapers from Germany