Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Grüne stürzen eigenen Minister
Thüringer Polizistin soll Nachfolgerin werden. Erste Schwarze in einem ostdeutschen Kabinett
Nach dem angekündigten Rücktritt von Umweltministerin Anja Siegesmund haben die Thüringen Grünen eine Kabinettsreform eingeleitet. Justiz- und Migrationsminister Dirk Adams wurde gegen seinen Willen entlassen.
Als seine Nachfolgerin ist die Polizeibeamtin Doreen Denstädt (45) vorgesehen. Die gebürtige Saalfelderin wäre die erste Schwarze in einer ostdeutschen Regierung.
Neuer Umweltminister soll Landesparteichef Bernhard Stengele (59) werden. Er begründete die Personalwende mit der Notwendigkeit eines Neuanfangs. „Es gibt so einen Punkt, da geht es nicht mehr weiter“, sagte er auf einer Pressekonferenz, während zeitgleich der Justizminister von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Entlassungsurkunde überreicht bekam.
Adams war am Sonntag von Stengele und dessen Co-Landeschefin
Ann-Sophie Bohm zum freiwilligen Rückzug gedrängt worden. Der Minister lehnte ab – und machte seinen Protest am Montagmorgen öffentlich. „In der derzeitigen Situation kann ich, aus Verantwortung gegenüber meinem Ministerium, dieser Aufforderung nicht nachkommen“, schrieb er.
Adams war seit März 2020 im Amt. Nach dem kriegsbedingten Anstieg der Flüchtlingszahlen und den damit verbundenen Problemen geriet er wiederholt in Kritik.
Die Regeln innerhalb der Koalition sehen vor, dass der Regierungschef bei den Personalien der Partnerparteien nicht mitzureden hat. Ramelow musste damit der Aufforderung der Grünen nachkommen.
Es sei bedauerlich, dass sich Adams nicht dazu bewegen ließ, den Weg für einen Neuanfang frei zu machen, hieß es am Montag in einer Mitteilung der Landesspitze an die Mitglieder. „Daher haben wir den Ministerpräsidenten im Einvernehmen
mit dem Landesvorstand gebeten, Dirk Adams als Minister zu entlassen.“Dieser Schritt sei „für uns alle bitter“.
Ausgelöst wurde die Kabinettsreform durch Umweltministerin Anja Siegesmund. Sie hatte vor Weihnachten ihren Rücktritt aus „persönlichen Gründen“zum 31. Januar angekündigt.
Stengele soll nun Siegesmund auch als Stellvertreter des Ministerpräsidenten nachfolgen. Sein Amt als Landesparteichef will er auf einem Landesparteitag Anfang März abgeben. Bis zur Vereidigung der neuen Minister im Landtag Anfang Februar wird das Justizressort von Siegesmund kommissarisch mitgeleitet. Landeschefin Bohm betonte, dass die Benennung der Kabinettsposten keine Vorentscheidung für die Spitzenkandidaturen zur Landtagswahl 2024 bedeute.
Die Opposition reagierte mit Kritik. Die CDU sprach von einer „Chaosregierung“. Die AfD zweifelte die Befähigung der designierten Justizministerin Denstädt an. Die FDP bezeichnete es als „Seifenoper“.
In der derzeitigen Situation kann ich, aus Verantwortung gegenüber meinem Ministerium, der Rücktrittsaufforderung nicht nachkommen. Dirk Adams, geschasster Minister