Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Thüringer Firmen der Metallbranche verkürzen die Arbeitszeit
Gewerkschaft sieht aktuellen Fachkräftemangel als zusätzlichen Druck auf die Arbeitgeber. Lösungen per Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarungen üblich
Immer mehr Beschäftigte in Firmen der Thüringer Metallund Elektroindustrie profitieren von verkürzten Wochenarbeitszeiten. „Die seit Januar vergangenen Jahres vorhandene Möglichkeit, die Arbeitszeit in der Branche schrittweise auf das in den alten Bundesländern geltende Niveau abzusenken, wird zunehmende von den Arbeitgeber in Thüringen genutzt“, bestätigte Kirsten Joachim Breuer von der IG Metall in Erfurt.
Er sieht darin auch eine logische Reaktion der Firmenchefs auf den aktuellen Fachkräftemangel. „Die Unternehmen, die neue Mitarbeiter gewinnen, oder ihre Fachleute halten wollen, müssen sich attraktiver aufstellen“, so Breuer. Zunehmend achteten die Arbeitnehmer im Freistaat dabei auch auf die Arbeitszeiten und die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit.
„Mehr Freizeit ist der neue Lohn. Das haben unsere Kolleginnen und Kollegen längst verstanden. Wir werden nicht lockerlassen und uns in den Betrieben auch im neuen Jahr bessere Arbeitsbedingungen erkämpfen“, sagte Breuer.
Nun komme es darauf an, dass auch andere Thüringer Arbeitgeber ihre Denkblockaden aufgeben und zusammen mit der Gewerkschaft den Weg in die 35-Stundenwoche
gehen. „Wer tarifierte Arbeitsbedingungen bietet, hat als Unternehmer im Wettbewerb um die Fachkräfte
die Nase vorn“, zeigte sich Gewerkschafter Breuer überzeugt. Er verweist darauf, dass es bereits seit Januar 2022 in der Thüringer Metallund Elektroindustrie möglich ist, betrieblich die Arbeitszeit auf das Niveau westdeutscher Betriebe von 35 Stunden pro Woche abzusenken. Davon hätten bislang eine Reihe von flächentarifgebundenen Betrieben im Freistaat auch schon Gebrauch gemacht.
So wurde kurz vor Jahresende, im Dezember 2022, auch bei der Firma Bosch Sicherheitssysteme, mit einem Standort in Erfurt, eine entsprechende Betriebsvereinbarung unterzeichnet. Damit verkürzt sich die wöchentliche Arbeitszeit für die 22 Beschäftigten in der Thüringer Landeshauptstadt seit dem Jahresbeginn auf 37 Stunden in der Woche,
ab dem 1. Januar 2024 gilt dann in der Firma eine 36-Stunden-Woche und ab Januar 2025 die 35-Stunden-Woche.
Neben solchen Betriebsvereinbarungen sind laut Breuer auch tarifvertragliche Lösungen möglich, wie sie etwa beim Unternehmen Carl Zeiss für den Standort Jena abgeschlossen worden. Dort profitieren rund 2400 Beschäftigte von den verkürzten Wochenarbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich.
Zeiss hat mit der IG Metall vertraglich einen verbindlichen Rahmen für die stufenweise Einführung der 35-Stunden-Woche für die Mitarbeiter in Jena bis zum Oktober 2024 vereinbart.