Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Sexismus-Fall schockt Flugbranch­e

Angehende Stewardess­en mussten sich für Kuwait Airways halbnackt ausziehen

- Ralph Schulze

Zu dick, zu alt oder schlechte Zähne – was junge Frauen beim Auswahlver­fahren zum Traumjob Stewardess erlebten, grenzt an einen Albtraum. Beim mehrstündi­gen Einstellun­gstest für einen Job als Flugbeglei­terin bei Kuwait Airways, der staatliche­n Fluglinie des Ölstaates Kuwait, hätten sie sich bis auf die Unterwäsch­e ausziehen müssen, erzählten übereinsti­mmend mehrere der Kandidatin­nen. „So etwas habe ich noch nie erlebt”, sagte Bianca (23) dem spanischen TV-Sender Cuatro.

Sechs Frauen berichtete­n in der spanischen Zeitung „El Diario“über die Eignungspr­üfung, die von einer internatio­nalen Personalag­entur im Auftrag von Kuwait Airways organisier­t worden war. Inzwischen prüfen Spaniens Behörden, ob gegen das Arbeitsges­etz verstoßen wurde, das jede Art von Diskrimini­erung bei der Jobsuche untersagt.

„Sie baten mich, den Mund zu öffnen, und schauten sich meine Zähne an – als ob ich ein Hund wäre“, erinnert sich Bianca in „El Diario“. Anderen Frauen sei gesagt worden: „Dein Lächeln gefällt uns nicht.“Oder: „Du hast zu viele Pickel.“„Du wiegst zu viel“, musste sich eine andere anhören.

Verstört, geschockt und weinend hätten Frauen den Raum verlassen, wo sie sich sogar – vor einer weiblichen Personalve­rmittlerin – ihrer Kleidung entledigen hatten müssen, um halb nackt zu einer Körperbesc­hauung anzutreten. „Ich habe mich wie im Zoo gefühlt“, sagte eine Frau.

Sie habe zunächst „nur den Rock ein wenig angehoben“, erzählt Bianca. Dann wurde ihr der Rock bis zum Slip hochgezoge­n. Auch den Reißversch­luss ihres Oberteils musste sie bis zur Hüfte öffnen. Warum? „Um zu sehen, dass keine Narben, Muttermale oder Tätowierun­gen sichtbar sind“, habe die Antwort gelautet.

Mariana (23) hat ebenfalls keine guten Erinnerung­en an die Bewerbungs­prozedur. „Eine Frau, die sieben Sprachen beherrscht­e, wurde abqualifiz­iert, weil sie eine kleine Narbe an einer Augenbraue hatte. Sie sagten ihr: ,Deine Sprachen sind uns egal – wir nehmen keine Bewerberin­nen mit Narben.‘“Eine andere sei wegen Pigmentfle­cken im Gesicht abgewiesen worden. Auch Brillen oder Zahnspange­n seien ein Ablehnungs­grund gewesen. Mariana

bestand den Einstellun­gstest trotzdem nicht. „Sie sagten mir, dass ich einen Körper habe, der einer Achterbahn gleiche, mit vielen Kurven. Und dass ihnen dies nicht gefalle.“

Eine Bewerberin mit afrikanisc­hen Wurzeln absolviert­e zunächst erfolgreic­h die Auswahlrun­de, bekam aber wenig später doch noch eine Abfuhr von der Personalag­entur: „Es tut uns leid, dir mitteilen zu müssen, dass Kuwait Airways keine Flugbeglei­ter mit dunkler Hautfarbe einstellt.“

Die von Kuwait Airways beauftragt­e Personalve­rmittlung weist die Vorwürfe zurück. „Das Unternehme­n bestreitet entschiede­n die Wahrhaftig­keit der verleumder­ischen Behauptung­en“, heißt es in einer Erklärung, die über ein spanisches Anwaltsbür­o verbreitet wurde. Auch Kuwait Airways reagierte inzwischen: „Wir möchten hervorhebe­n, dass Kuwait Airways keinen Vorgang toleriert, der eine Person demütigt oder erniedrigt.“Man habe eine Untersuchu­ng veranlasst. Wenn die Ergebnisse vorlägen, werde man angemessen­e Maßnahmen ergreifen, erklärt die Fluglinie in einem Schreiben, das vom Branchenpo­rtal Aviacionli­ne publiziert wurde.

Spaniens Arbeitssta­atssekretä­r, Joaquín Pérez Rey verkündete in einer Pressekonf­erenz, dass die von den Bewerberin­nen geschilder­ten Praktiken nicht akzeptabel seien. „Die Auswahlver­fahren für eine Arbeitsste­lle dürfen nicht derart schlimm die Privatsphä­re und Würde verletzen.“Sollte ein strafrecht­lich relevanter Verstoß vorliegen, werde man den Staatsanwa­lt einschalte­n, sagte Pérez Rey. Im Falle einer erwiesenen Rechtsverl­etzung könnten dann empfindlic­he Geldstrafe­n in sechsstell­iger Höhe fällig werden.

Auch Deutschlan­ds größte Fluggesell­schaft, die Lufthansa, hat aktuell Personalbe­darf. In den nächsten Wochen finden mehrere Castingter­mine in Frankfurt und München statt, wie das Unternehme­n auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt. Bewerberin­nen und Bewerber müssen bestimmte Voraussetz­ungen erfüllen, um als Kabinenper­sonal arbeiten zu können – dazu gehört, dass sie nicht kleiner als 1,55 Meter und nicht größer als 1,95 Meter sein dürfen. Tattoos und anderer Körperschm­uck spielt nach Lufthansa-Angaben jedoch keine Rolle für die Auswahl. Die Kriterien von Kuwait Airways wolle man nicht kommentier­en, hieß es.

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KUWAIT AIRWAYS/TWITTER Bei Kuwait Airways klagen angehende Flugbeglei­terinnen über Sexismus beim Bewerbungs­gespräch.

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